Baader Bond Markets: "Was haben Draghi und E. J. Smith gemeinsam?"

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30. Oktober 2015. MÜNCHEN (Baader Bank). Seit vergangenem Donnerstag hat sich nach der EZB-Ratssitzung und der anschließenden Pressekonferenz die Blasenbildung bei Anleihen verstärkt. Mit der Andeutung von Mario Draghi, dass man seitens der Europäischen Zentralbank (EZB) willens sei, alle zur Verfügung stehenden Instrumente zum Erreichen des gesteckten Inflationszieles einzusetzen, ist die Wahrscheinlichkeit für eine noch lockerere Geldpolitik gestiegen. Die Kursentwicklung an den Kapitalmärkten ist zu interpretieren als: „Wir haben verstanden. Die Nachricht ist angekommen.“ Sicherlich schmeckt diese Art von Geldpolitik nicht jedem, aber es scheint vorerst kein Halten mehr zu geben.

Viele Anleger und Notenbanker sind beispielsweise vom Nimbus der Unsinkbarkeit beim Euro-Bund-Future überzeugt! In diesem Zusammenhang stellt sich allerdings auch immer wieder die Frage, wer für diesen „Wahnsinn“ verantwortlich ist. Die Notenbanker oder die Politiker? Selbstverständlich werden die Beschlüsse im EZB-Rat gefasst und zwar als Reaktion auf die fehlgeschlagene Haushaltspolitik der Volksvertreter in Europa. Und somit ist die Frage nach dem „Schuldigen“ nicht eindeutig zu beantworten. Doch eines ist sicher, durch das permanente Öffnen der Geldschleusen werden die Anreize einer nachhaltigen Haushaltspolitik konterkariert, und die Staaten reduzieren ihre Schuldenlast, indem fällige Schuldentitel zu günstigeren Konditionen prolongiert werden können. Dieser Irrsinn wird die nachfolgenden Generationen in eine Sackgasse treiben und früher oder später in einem Schuldenschnitt enden. Doch bis zu diesem Zeitpunkt treiben die einzelnen Notenbanken noch ihre Spielchen. So zierte sich die US-amerikanische Notenbank auch gestern noch, die Zinsen anzuheben und zeitgleich zögerten Neuseelands und Japans Notenbanker eine weitere Lockerung der Geldpolitik hinaus. Ganz anders reagierte am vergangenen Freitag die Notenbank Chinas, die People’s Bank of China (PBoC), und senkten bereits zum sechsten Mal seit November 2014 die Leitzinsen. Doch die Blicke der nicht in der EZB vereinten europäischen Notenbanken sind bereits jetzt auf die EZB-Sitzung am 3. Dezember gerichtet. So wird die Bank of England zwar unabhängig von der EZB weiterhin mit einer Zinsanhebung liebäugeln, aber die Notenbank Schwedens wird sich beispielsweise sicherlich an der Entscheidung in Frankfurt orientieren.

Somit schippern momentan alle Notenbanken auf den Weltmeeren und sind auf der Suche nach dem richtigen Kurs. Allein schon deshalb macht es Sinn, sich mit einem eher unbekannten Zitat von E. J. Smith, dem späteren Kapitän der Titanic, zu beschäftigen. Dieser erklärte vollmundig im Jahre 1907: „In meiner ganzen Berufserfahrung habe ich kein einziges Mal ein Schiff in Seenot gesehen. In all meinen Jahren auf See bin ich niemals schiffbrüchig gewesen, und niemals war ich in einer Situation, die drohte in irgendeiner Art von Desaster zu enden.“ Wir alle wissen, was fünf Jahre später passierte, und können nur hoffen, dass sich die Geschichte nicht in übertragenem Sinne im Rentenhandel (z.B. beim Euro-Bund-Future) wiederholt. Denn auch dort hat man den Eindruck, dass viele Anleger, aber auch Notenbanker, vom Nimbus der Unsinkbarkeit überzeugt sind.

EU-Kommission lockert Schuldenregeln wegen Flüchtlingskrise

Dass die EU-Kommission wegen der Flüchtlingskrise auf Wunsch einiger Staaten die vereinbarten europäischen Schuldenregeln lockern würde, war bereits vergangene Woche abzusehen. Nun werde bei der Auslegung der Regeln von Fall zu Fall „eine Dosis an Flexibilität“ hinzugefügt, wie es Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker ausdrückt.

Einige Staaten hatten die EU-Kommission darum gebeten, dass sie sich die Ausgaben für die Aufnahme und Integration von Flüchtlingen beim Defizit anrechnen lassen können. Laut Maastricht-Vertrag darf das Staatsdefizit 3 Prozent der Wirtschaftsleistung nicht überschreiten. Für die Gesamtverschuldung gilt eine Grenze von 60 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Der Befürchtung, dass manchen Staaten die Flüchtlingskrise als Vorwand zu einer höheren Verschuldung dienen könnte, trat Juncker nun entgegen. Es handele sich dabei nicht um einen Freibrief für das Überziehen der Grenzen, machte er klar. Für Länder, die keine Extra-Anstrengung machten und nicht nachweisen könnten, dass sie von den Kosten der Flüchtlingskrise stark betroffen seien, werde keine flexible Interpretation angewendet.

Soweit, so gut. Ein Land, das eine zentrale Rolle bei der Lösung des Flüchtlingsthemas spielen kann, ist ohne Zweifel Griechenland. Die Regierung in Athen muss nicht nur Reformen zur Konsolidierung des defizitären Haushalts umsetzen, sondern auch noch Flüchtlinge versorgen, von denen täglich Zehntausende in Griechenland ankommen. Das Zusammentreffen zweier Krisen stellt das Land nun vor eine Zerreißprobe. Weil Athen bei der Umsetzung vereinbarter Reformen in Verzug geraten ist, verzögert sich eine für Oktober geplante Auszahlung neuer Hilfen in Höhe von 2 Milliarden Euro.

Gleichzeitig ist die geopolitische Lage von Hellas als Ankunftsland für Flüchtlinge von derart zentraler Bedeutung, dass eine Linderung der Schuldenlast durch die EU der Preis für eine verbesserte Erstaufnahme in der Ägäis sein dürfte. Natürlich wird die Regierung ein Vorhaben wie das, wonach auf dem ehemaligen Olympiagelände bei Athen ein Lager für 40.000 bis 50.000 Menschen entstehen könnte, so teuer wie möglich verkaufen. Dank der Flüchtlingskrise sitzt zumindest kurzfristig Griechenland am längeren Hebel. Ob allerdings ein Staat, der bisher bei jeglicher administrativer Tätigkeit versagt hat, nun die Probleme für Resteuropa lösen kann, darf bezweifelt werden! Der griechischen Regierung wird es egal sein, denn dadurch wird sie vom Bittsteller zum Partner aufsteigen und nur das zählt für Athen.

Europas Staaten und ihre Probleme

Rating, Arbeitslosenzahlen oder Neuwahlen – wir beginnen unser europäisches Allerlei mit Österreich, das Gefahr läuft, sein Toprating zu verlieren. So hat die US-Agentur Moody’s den Ausblick für die Bewertung der Kreditwürdigkeit des Landes auf „Negativ“ gesetzt. Damit droht Österreich der Verlust seiner bisherigen Spitzenbewertung „Aaa“. Moody’s begründete den Schritt mit den Wachstumsaussichten der österreichischen Wirtschaft, die im laufenden Jahrzehnt schwach bleiben dürften.

Dagegen bestätigte die US-Ratingagentur Fitch die Einstufung von Spanien und Italien mit „BBB+“. Die Benotung von Zypern setzte Fitch sogar um zwei Notches auf „B+“ herauf. Damit liegt Zypern zwar immer noch im Ramschbereich, aber den Ausblick setzte Fitch auf „positiv“ herauf.

Nicht das Rating, aber die Arbeitslosenzahl hat sich dagegen in Frankreich verändert. Und zwar ist diese im September überraschend stark gesunken. Knapp 3,55 Millionen Menschen waren am Monatsende ohne Arbeit, was einen Rückgang um 38.800 (-0,7 Prozent) bedeutet. Fachleute hatten sogar einen Anstieg erwartet.

Im früheren Euro-Krisenland Portugal ist der konservative Ministerpräsident Pedro Passos Coelho nach der Parlamentswahl auf eine schwache Minderheitsregierung angewiesen. Sein Regierungsbündnis, das Portugal mit einem harten Spar- und Reformkurs aus der Finanzkrise befreit hatte, war aus der Parlamentswahl am 4. Oktober zwar als stärkste Kraft hervorgegangen, verlor aber die absolute Mehrheit. Die linken Parteien, die zusammen eine Mehrheit erhalten hatten, wollen Passos aus der Regierung drängen.

Knapp dürfte es auch bei der Parlamentswahl des Nachbarn Spanien werden, wo am 20. Dezember gewählt wird. Nach jüngsten Umfragen liegt die regierende konservative Volkspartei (PP) in der Wählergunst mit weniger als 25 Prozentfast gleichauf mit den Sozialisten (PSOE). Ministerpräsident Mariano Rajoy sagte bei Bekanntgabe des Wahltermins, er sei stolz darauf, dass man in den vergangenen Jahren eine „sehr heikle Situation in Rekordtempo überwunden“ habe. Ob die „heikle Situation“ tatsächlich als überwunden angesehen werden kann, darf angesichts der hohen Jugendarbeitslosigkeit in Spanien freilich bezweifelt werden.

Die deutschen Sparer und der Niedrigzins

Interessante Äußerungen zum Sparverhalten der Deutschen in Zeiten des Niedrigzinses gaben dieser Tage die Bundesbank und der Deutsche Sparkassen- und Giroverband (DSGV) von sich. So bewerten einer Umfrage des DSGV zufolge 90 Prozent der Bundesbürger ihre finanzielle Situation zwar als gut bis mittelmäßig. Aber dennoch erfüllt Verbandspräsident Georg Fahrenschon vor allem der Umstand mit Sorge, dass fast ein Viertel der Deutschen inzwischen überhaupt nicht mehr spart, obwohl sich das Sparverhalten der Deutschen insgesamt wieder leicht verbessert hat. Sparen ist laut Fahrenschon nicht aus der Mode gekommen – „aber auch dringend nötig.“

Auf die extrem niedrigen Zinsen reagieren die privaten Haushalte nach Beobachtung des DSGV insgesamt sehr abgeklärt. So werden kaum mehr Kredite aufgenommen, nur weil die Konditionen günstig sind. Auf der anderen Seite setzen viele Bürgerinnen und Bürger der mittleren Einkommensschicht weiterhin auf klassische Anlageformen, mit denen man derzeit wenig Vermögen aufbauen könne, so Fahrenschon.

Dass die deutschen Sparer irgendwie entspannt mit der Niedrigzinsphase umgingen, bestätigt auch die Bundesbank. Sie eröffnete unlängst die Debatte um das Sparen mit der These, dass Befürchtungen, wonach sich das Sparen für die Deutschen nicht mehr lohne, unbegründet seien. Der Grund liegt in dem Umstand, dass die Renditeeinbußen der Sparer gar nicht so groß seien, wie man dies erwarten könnte. Dies liegt vor allem an der niedrigen Inflation. Außerdem lagern laut Bundesbank viele Sparer ihr Geld nicht bloß auf Bankkonten, sondern investieren auch in Wertpapiere oder Lebensversicherungen, die mehr Renditen bringen als Bankeinlagen.

Beim Blick auf alle Anlageformen der Haushalte kommt die Bundesbank für die Zeit zwischen 2008 und 2015 auf eine durchschnittliche Rendite von 1,5 Prozent, was deutlich weniger ist als zuvor. So lag die durchschnittliche Rendite zwischen 1991 und 2007 bei 3,5 Prozent. Wenn man aber die Effekte der niedrigen Inflation und der größeren Renditen bei Wertpapieren mit ins Kalkül zieht, dann ist die Gesamtrendite „nicht so niedrig, wie es die nominalen Zinsen auf Bankeinlagen auf den ersten Blick vermuten lassen“, schreiben die Bundesbanker.

Und das Sparen lassen sich die Deutschen auch durch die Niedrigzinsen nicht vermiesen. Vielmehr legen die Haushalte weiterhin 9 Prozent ihres verfügbaren Einkommens zurück. Und das ist genauso viel wie zur Jahrtausendwende, als die Zinsen noch deutlich höher waren. Vielleicht steigt die Quote ja am Freitag wieder etwas an. Denn dann ist bekanntlich Weltspartag!

Wichtiger Schritt zur Verhinderung eines Government Shutdowns

Noch ist der Deal nicht in trockenen Tüchern. Aber immerhin haben sich die US-Regierung und führende Vertreter des Kongresses auf einen bis Ende Oktober 2017 geltenden Haushalt und eine Anhebung des Schuldenlimits von derzeit 18,1 Billionen US-Dollar verständigt. Wenn nun Abgeordnetenhaus und Senat ihr Plazet geben, wäre eine drohende Lähmung der Regierung, ein „Government Shutdown“, abgewendet. Gleichzeitig bliebe die Zahlungsfähigkeit der weltgrößten Volkswirtschaft aufrechterhalten.

Bestandteil der Übereinkunft sind höhere Haushaltsausgaben von 80 Milliarden US-Dollar über zwei Jahre, die unter anderem durch Einschnitte im Bereich der Kranken- und Sozialversicherungen finanziert werden sollen. Sollte die Schuldenobergrenze nicht angehoben werden, droht Washington bereits am kommenden Dienstag die Zahlungsunfähigkeit. Aufgrund der unklaren Situation wurde am Dienstag die Emission einer zweijährigen Anleihe verschoben. Das Gerangel um die Schuldengrenze führte in Washington bereits mehrfach zu einem Showdown zwischen Demokraten und Republikanern. Bisher wurde das Limit aber stets im letzten Moment noch angehoben.

Unter den Republikanern, die teilweise fundamentalistische Tendenzen aufweisen, wird darüber gestritten, wie hart man im Gezerre um die Finanzen gegenüber der Regierung bleiben soll. Die Frage ist, ob die Partei ihrem Parlamentspräsidenten John Boehner folgen wird, der eine moderate Linie vertritt.

Corporate Bonds: Primärmarkt in Vorbereitung auf die „stade“ Zeit

Am Primärmarkt bleibt den Unternehmen nur noch wenig Zeit, um ihre finanziellen Dinge zu regeln. Denn in weniger als zwei Monaten ist Weihnachten und bereits in wenigen Wochen beginnt die „stade“ Zeit.

Doch zuvor emittierte in dieser Woche der US-amerikanische Hersteller von Konsumgütern, Procter & Gamble, eine 8-jährige Anleihe (WKN A1Z9N0)  im Volumen von 1,25 Milliarden Euro. Die Verzinsung von 1,125 Prozent ist bis zum Laufzeitende am 2. November 2023 fixiert und gepreist wurde der Bond bei 99,97%, was einem Emissionsspread von +97,20 bps über der vergleichbaren Bundesanleihe entsprach. Die Anleihe verfügt über ein jederzeitiges optionales Kündigungsrecht seitens des Emittenten bei +15 bps über der entsprechenden Bundesanleihe. Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang die Tatsache, dass sich ein amerikanisches Unternehmen in Euro verschuldet. Dies lässt zumindest Rückschlüsse auf die Meinung des Unternehmens bezüglich des zukünftigen Außenwertes des Euros zu!

Aber auch die Gothaer Allgemeine Versicherung nutzte die Gunst der Stunde und begab einen Bond (WKN A16847) im Volumen von lediglich 250 Millionen Euro. Das Papier hat eine Laufzeit bis zum 30.10.2045 und wird in den ersten 10 Jahren mit jährlich 6 Prozent verzinst. Danach richtet sich die Verzinsung nach dem zu diesem Zeitpunkt aktuellen 3-Monats-Euribor. Der Aufschlag von +6,042% würde bis zum Laufzeitende gelten. Der Bond wurde mit +504,2 bps über Mid Swap gepreist, was einen Ausgabepreis von 100% ergab. Allerdings hat sich Gothaer ab dem 30.10.2025 vierteljährliche Sonderkündigungstermine zu pari festschreiben lassen.

Zusätzlich für lediglich acht Jahre hat sich der deutsche Versorger Eurogrid finanzielle Mittel in Höhe von 750 Miollionen Euro über den Kapitalmarkt beschafft. Die Anleihe (WKN A16864)  ist mit einem jährlichen Kupon von 1,625 Prozent ausgestattet und wurde mit 99,97 Prozent gepreist. Dies entsprach einem Aufschlag von +102 bps über Mid Swap.

Bei allen beschriebenen Anleihen haben sich die Emittenten für einen Mindestanlagebetrag von nominal 100.000 Euro entschieden.

Draghi lässt Rentenbarometer steigen

Der Euro-Bund-Future läuft so langsam wieder zur absoluten Topform auf und setzt seinen seit einiger Zeit eingeschlagenen Aufstieg beständig fort. Seit vergangenem Donnerstag und im Nachgang zur EZB-Pressekonferenz kennt das Rentenbarometer nur noch eine Richtung – nach oben.

Entsprechend stieg der für die deutschen Staatsanleihen repräsentative Dezember-Kontrakt des Euro-Bund-Future innerhalb der vergangenen fünf Handelstage von 156,42 Prozent bis auf 158,60 Prozent. So hoch notierte das Sorgenbarometer zuletzt am 29.04.2015, was demnach exakt einem neuen Sechs-Monats-Hoch entspricht. Im Gegenzug fiel die Rendite für zehnjährige Bundespapiere auf 0,425 Prozent. Verantwortlich für den Anstieg ist die Aussicht auf eine zusätzliche Lockerung der Geldpolitik durch die Europäische Zentralbank (EZB), aber auch größtenteils enttäuschende Konjunkturdaten aus den USA, die im Hinblick auf die gestrige Zinsentscheidung der amerikanischen Notenbank wie ein Brandbeschleuniger wirkte.

In welche Richtung das Pendel in den nächsten Tagen und Wochen ausschlägt, ist maßgeblich von den Kommentaren führender Notenbanker abhängig. Denn das Rentenbarometer ist zu deren Spielball geworden und reagiert sehr sensibel auf jede Art der Spekulation und jeden noch so unbedeutenden Konjunkturdatensatz. Im Nachgang der diversen gestrigen Notenbankentscheidungen startete der Bund-Future heute bei 158,03 Prozent in den Handel.

Aktuelle Marktentwicklung

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