DAX-Sentiment: Börsianer sehen keinen Handlungsbedarf

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5. Oktober 2011. FRANKFURT (Börse Frankfurt). Die Politiker der Euroländer „sollen endlich mal die Ärmel hochkrempeln“, um die Krise in den Griff zu bekommen, appellierte Großbritanniens Premierminister David Cameron. Er wünscht und fordert – wie viele andere Staatenlenker übrigens auch – von der Eurozone schnelle, transparente Entscheidungen. Tatsächlich scheinen Europas Krisenmanager die von allen Seiten zunehmende Schelte ernst zu nehmen: Das jüngste Finanzminister-Treffen förderte zumindest neue Vorschläge zu Tage. Demnach soll der ab 2013 geltende ständige Rettungsmechanismus ESM womöglich mit einer Banklizenz ausgestattet werden und sich Geld von der europäischen Notenbank leihen dürfen, um seine Schlagkraft zu erhöhen, heißt es aus Kreisen hochrangiger EU-Diplomaten. Auch die Lage des Bankensektors wurde intensiv diskutiert, genauer eine kurzfristige Verschärfung der Eigenkapitalanforderungen – kein Wunder angesichts der in Schwierigkeiten geratenen belgisch-französischen Großbank Dexia. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble schlug vor, den Bankenrettungsfonds Soffin wieder aufleben lassen, um den heimischen Finanzsektor abzuschirmen.

Das klingt zwar alles handlungsfreudig und mitunter pro-aktiv – genau das, was ausländische Politiker fordern – doch natürlich geht sämtlichen Entscheidungen ein zäher Abstimmungsprozess voraus.

Genau das ist das Problem: Andere Staaten scheinen schneller zu agieren als die behäbige Eurozone. Sogar dem amerikanischen Parlament traut man trotz des misslichen Budget-Streits im August eine schnellere Handlungsfähigkeit zu als den Lenkern der 17 Euro-Staaten, die sich nicht nur mit ihren Amtskollegen streiten müssen, sondern auch noch mit ihren nationalen Regierungsmitgliedern und der heimischen Opposition. Und die Investoren wissen aus der Vergangenheit: Bis neue Maßnahmen endlich wirksam werden, hat sich die Lage womöglich schon derart drastisch verschlechtert, dass längst weitere Unterstützung für Staaten, Banken und Co. nötig ist.

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Daher ist es auch verständlich, wenn kaum ein heimischer, mittelfristig orientierter Börsianer sich zu großartigen Käufen hinreißen lässt. Die aktuelle Stimmungsumfrage der Börse Frankfurt zeigt, dass die Mehrheit untätig ist. Unser Sentiment-Barometer, der Bull/Bear-Index, notiert nur geringfügig höher als zuletzt, denn lediglich 2 Prozent der vormals neutral eingestellten Marktteilnehmer haben zugegriffen und sind zum bullishen Lager übergelaufen. Für sie mag neben den neuesten Krisenvorschlägen auch die Tatsache eine Rolle gespielt haben, dass der DAX zuletzt zumindest nicht auf ein neuerliches Tief abgerutscht ist.

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Stattdessen hat es der Index heute wieder in die Mitte seiner breiten Handelsspanne zurückgeschafft – ein Grund mehr für die Anleger, sich vorerst nicht groß zu positionieren. Wir hatten ja bereits in der letzten Woche vermutet, dass das Gros der Akteure nach eher misslichen Erfahrungen innerhalb der bekannten Bandbreite nicht mehr so schnell als Käufer auftreten wird. Daher bleibt alles beim Alten: Von mittelfristiger Seite kommen vorerst keine größeren Impulse. Das hilft dem deutschen Leitindex zwar nicht auf die Sprünge, einen bearishen Angriff seitens der heimischen Anleger muss er aber auch nicht befürchten.

Christin Stock, cognitrend

Verhältnis Optimisten zu Pessimisten

Bullish Bearish Neutral
Total 48 % 29 % 23 %
ggü. letzter Erhebung + 2 % + 0 % – 2 %

DAX-Stimmungskurve

DAX-Stimmungskurve

Stand DAX 05.10.2011, 12:00 Uhr: 5.340 Punkte (- 4,9 % gegenüber der letzten Erhebung), Bull/Bear- Index: 60,6 Punkte

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