DAX-Sentiment: Hoffen auf den Durchbruch

Goldberg
Goldberg

16. November 2011. FRANKFURT (Börse Frankfurt). Das einzig Positive, was man den vergangenen Handelstagen abgewinnen kann, war die Bildung einer neuen Regierung in Italien. Aber selbst diese Neuigkeit, anfangs sogar mit einem gewissen Optimismus der Akteure gepaart, hatte eine ausgesprochen niedrige Halbwertszeit. Stunden später markierten nicht nur italienische Anleihen neue Höchststände, sondern seit gestern gerieten auch die Anleihen anderer Staaten wie die Niederlande, Finnland, Belgien oder Österreich, die bislang nicht im Fokus der Investoren standen, teils unter massiven Verkaufsdruck. Man konnte den Eindruck bekommen, nun ginge es ans „Eingemachte“.

Offenbar waren die Akteure an den Anleihemärkten zum Schluss gekommen, der Teufelskreis von Sparprogrammen, die zu einer weiteren Senkung der Wachstumsperspektiven gerade in den Ländern der Peripherie führen, könne nicht durchbrochen werden. Denn mit niedrigen Wachstums- oder gar Rezessionsaussichten fordern Investoren in Verbindung mit der Bedrohung durch eine mögliche Herabstufung der Bonität für ihre Anleihen eine erhöhte Rendite, wodurch die betroffenen Nationen ihre Sparanstrengungen nochmals verstärken müssen. Gerade hinsichtlich der weltweiten Wachstumsaussichten sind die Erwartungen der Fondsmanager auf den niedrigsten Stand seit Ende 2008 gefallen. Dies zeigt eine entsprechende Umfrage von BofA/Merrill Lynch. Und besonders negativ sind dabei die Konjunkturerwartungen für Europa.

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Während der vergangenen Tage hat sich indes auch die Ansicht unter den Akteuren an den Finanzmärkten durchgesetzt, dass eben dieser Teufelskreis nur mit einer Intervention, mit massiven Anleihekäufen der Zentralbank, zu durchbrechen sei. Allerdings ist die deutsche Position in diesem Zusammenhang bislang eindeutig gewesen. Sowohl Bundesbankpräsident Jens Weidmann, EZB-Chefvolkswirt Jürgen Stark als auch Finanzminister Wolfgang Schäuble lehnen unlimitierte Anleihekäufe der Zentralbank zur Finanzierung von Staaten ab. Gleichzeitig wächst jedoch auch von den USA der Druck (etwa von Finanzminister Timothy Geithner), dass die EZB endlich etwas tun müsse.

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Diese Hoffnung scheinen auch die institutionellen Anleger zu hegen, die die Börse Frankfurt wöchentlich zur Stimmung am Aktienmarkt befragt. Denn dort hat sich, trotz aller negativen Konjunkturaussichten und eines niedrigen ZEW-Index, Optimismus entfalten können: Unser Bull/Bear-Index hat sich mit 57,8 Punkten auf den höchsten Stand seit sechs Wochen befestigt. Ein Optimismus, den man sicherlich nicht als überbordend bezeichnen kann und der möglicherweise auch auf die günstigsten Kaufkurse beim DAX seit dem 10. Oktober zurückzuführen sein dürften. Dies allein kann allerdings nicht die Ursache des jüngsten Stimmungswechsels darstellen. Vielmehr muss sich die Ansicht durchgesetzt haben, der deutsche Aktienmarkt sei selbst gegen Schlimmste Neuigkeiten aus der Eurozone relativ immun. Diese Erkenntnis sowie die Erwartung, der EZB werde trotz mancher Beteuerung am Ende womöglich gar nichts anderes übrig bleiben, als in großem Stil Anleihen zu kaufen und somit Geld zu drucken, mag hierzulande zu Aktienkäufen geführt haben. Weil man hofft, dass dieses Geld – und sei es nur aus der Aversion heraus, sich derzeit nicht im Anleihemarkt engagieren zu wollen – wie schon bei anderen quantitativen Lockerungsprogrammen zumindest für längere Zeit im Aktienmarkt landen könnte.

Joachim Goldberg, cognitrend

Verhältnis Optimisten zu Pessimisten

Bullish Bearish Neutral
Total 46 % 32 % 22 %
ggü. letzter Erhebung + 3 % – 5 % + 2 %

DAX-Stimmungskurve

DAX-Stimmungskurve

Stand DAX 16.11.2011, 12:00 Uhr: 5.920 Punkte (- 1,00 % gegenüber der letzten Erhebung), Bull/Bear- Index: 57,8 Punkte

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