DAX-Sentiment: Investoren bleiben ganz locker

Hirschmüller
Hirschmüller

13. Juli 2011. FRANKFURT (Börse Frankfurt). Es ging alles sehr schnell und kam überraschend – eine Attacke wie aus dem Nichts. Der Finanzmarkt hat sich Italien vorgeknöpft. Dass die Finanzsituation der Apenninen-Halbinsel nicht herausragend ist, war schon länger bekannt. Seit dem Wochenende hat sich daran auch eigentlich nichts geändert. In der Wahrnehmung einiger Akteure hingegen schon. Man hatte zeitweise den Eindruck, einige Marktteilnehmer wollten Rom brennen sehen. Die Aggressivität und das Tempo, mit der die Renditen italienischer Staatsanleihen nach oben gepeitscht wurden, stellten alles bisher Gesehene seit Ausbruch der Euroland-Krise in den Schatten. Mittlerweile stieg der Zins sogar auf Vor-Euro-Einführuns-Niveau an. Dass sich Italien, im Vergleich zu anderen EWU-Partnern, bislang nur in geringem Maße über das Ausland finanzierte, schien niemanden zu interessieren. Auch, dass die Schulden der italienischen Verbraucher und Unternehmen nur etwas mehr als halb so hoch sind wie beispielsweise in Spanien, wurde beim jüngsten Ausverkauf wahrscheinlich ignoriert. Der Angriff hatte etwas von einer konzertierten Aktion. Aber nicht nur der Finanzmarkt in der Rolle des Aggressors war diesmal deutlich schneller. Die italienische Regierung konterte umgehend mit konkreten Sparplänen.

Analyse zum Anhören:

Podcasts mp3 3,5 MB

Die Geschwindigkeit dieser Auseinandersetzung hat alle Märkte in den Bann gezogen. Bundesanleihen rasten nach oben. Der Euro und die Aktienmärkte reagierten hingegen mit heftigen Kursabschlägen. Beide haben sich aber recht schnell wieder gefangen. So viel Hektik, könnte man meinen, schlug den Aktieninvestoren ordentlich auf den Magen. Dem war aber nicht so. Die Stimmung mittelfristig orientierter Aktienanleger ist nach wie vor recht gut. Der Bull/Bear-Index hat, ähnlich wie in der Vorwoche, nur ein bisschen nachgegeben. Von der in manchen Medien berichteten „Panik“ ist bei den von der Börse Frankfurt befragten Institutionellen nichts zu spüren. Hätte es keine direkte Verschiebung von 4 Prozent Bullen in das Bärenlager gegeben, hätte man bestenfalls den Eindruck, dass nur ein paar weitere Gewinnmitnahmen stattfanden.

Text Text Text

Analyse im TV:
Jeden Donnerstag

  • 11.15 Uhr auf n-tv
  • 14.10 / 18.05 Uhr auf DAF

Die Lässigkeit mit der die Befragten auf die Geschehnisse in der Eurozone reagieren, ist Teil einer neuen Einstellung. Man lässt sich nicht durch neue Bedrohungen, nicht einmal durch eine mögliche Staatspleite Griechenlands aus dem Aktienmarkt verscheuchen. Dieses Dogma ist seit gut vier Wochen zu spüren. Die Entschlossenheit, die Optimisten derzeit an den Tag legen, klingt vorbildlich. Sie ist aber auch nicht ganz ungefährlich. Denn es gab immerhin Anleger, die es geschafft haben, den DAX innerhalb von nur drei Handelstagen fast von seinem Jahreshoch bis genau an die Unterkante seiner mehrwöchigen Konsolidierungszone zu schicken. Dieser Druck ist nicht durch die Verkäufe der Panel-Teilnehmer entstanden. Er könnte eher von Quellen stammen, die schon wesentlich länger im DAX engagiert sind, beispielsweise von Investoren aus dem asiatischen Raum. Diese Anleger irritiert das Euroraum-Theater wahrscheinlich schon. Sie dürften bei der nächsten Schreckensmeldung vermutlich wieder ans Verkaufen denken. Wenn die heimischen Optimisten dann lässig bei fallenden Kursen zugreifen, könnte sich zum ersten Mal eine gefährliche Bias einschleichen, die negative Folgen für zuversichtliche DAX-Anleger haben könnte. Noch ist es aber nicht soweit.

Gianni Hirschmüller, cognitrend

Verhältnis Optimisten zu Pessimisten

Bullish Bearish Neutral
Total 44 % 24 % 32 %
ggü. letzter Erhebung – 4 % + 4 % + 0 %

DAX-Stimmungskurve

DAX-Stimmungskurve

Stand DAX 13.07.2011, 12:00 Uhr: 7.200 Punkte (- 3,10 % gegenüber der letzten Erhebung), Bull/Bear- Index: 61,1 Punkte

Weiterführende Links