Hirschmüller
TecDAX-Sentiment
29. Juni 2011. FRANKFURT (Börse Frankfurt). Der gesamte Finanzmarkt fiebert seit Tagen dem Abstimmungstermin des griechischen Sparpakets entgegen. Die meisten Marktteilnehmer gaben sich zum Wochenstart sehr vorsichtig und ängstlich. Davon ist Stunden vor der Veröffentlichung des Abstimmungsergebnisses nichts mehr zu spüren. Der Euro knabbert an den höchsten Kursen seit Mitte Juni und die Aktienmärkte weisen weltweit kräftige Gewinne aus. Aber nicht nur die Kurse von DAX & Co. steigen. Auch das mittelfristige Markt-Sentiment hat einen deutlichen Satz nach oben gemacht.
Hohe Volatilität im Bull/Bear-Index ist seit einigen Wochen Programm und daher nicht unbedingt eine Überraschung. Die schnellen Wechsel, die das Stimmungsbild seit Mai kennzeichnen, hatten aber einen Grund: eine breit angelegte Konsolidierung, die zwischen 7.000 und 7.300 bzw. 7.400 Punkten verläuft. Seit sechs Wochen sehen sich Aktienhändler darin gefangen und jedes Mal, wenn der DAX sich in Richtung der oberen Begrenzung bewegte, wurden die Akteure bullish. Wenn sich die Kurse hingegen der Unterkante näherten, war der Optimismus schlagartig verflogen und stellenweise sogar Pessimismus vorhanden. Im Prinzip fällt die heutige Erhebung also nicht aus dem Rahmen, sondern gleicht diesem Verhaltensmuster. Der DAX steht zum Befragungszeitpunkt knapp unter der ersten oberen Grenze der Handelsspanne und der Optimismus wächst. So weit, so gut.
Analyse zum Anhören:
Einige Beobachtungen passen aber nicht ins Bild der letzten Woche: Das Athener Abstimmungsergebnis steht unmittelbar bevor, der DAX notiert knapp unter einem Fünf-Wochen-Hoch und das Halbjahresende, das an den Finanzmärkten normalerweise immer mit dem berüchtigten Sommerloch in Verbindung gebracht wird, steht morgen an. Bedenkt man zudem, dass am Montagmorgen viele noch Weltuntergangsstimmung für Euroland, die Einheitswährung und die Aktienmärkte verbreiteten, ist der Zeitpunkt der hohen Zuversicht bemerkenswert. Immerhin ist die Stimmung der von der Börse Frankfurt befragten institutionellen Anleger mit 70,6 Prozent auf den höchsten Wert seit Ende 2010 gestiegen. Eine weitere Besonderheit: Der Anteil der Bären sank auf das tiefste Niveau seit November 2006. Man darf den jüngsten Stimmungsaufschwung also schon in die Kategorie „außergewöhnlich“ einordnen. Deswegen aber gleich ein schlechtes Omen für die weitere Entwicklung des DAX abzuleiten, wäre nicht angebracht. Im Herbst des vergangenen Jahres hat sich ein ähnlich hoher Stimmungspegel über Wochen halten können und dabei den DAX nicht am Steigen gehindert.
Analyse im TV:
Jeden Donnerstag
- 11.15 Uhr auf n-tv
- 14.10 / 18.05 Uhr auf DAF
Allzu viele Vergleiche mit der jüngsten Vergangenheit möchten wir allerdings nicht ziehen, um das zukünftige Verhalten der Befragten abzuschätzen. Höchstens, wenn es darum geht, wann sich die neuen Käufer von ihren Positionen trennen könnten. Da der DAX sich den ganzen Juni über nur in einer 300-Punkte engen Handelsspanne bewegte, werden die Händler eine Rallye in gleicher Größe als ausreichend empfinden, um Gewinne mitzunehmen. Und da dies einem Bereich von fast 7.600 Zählern, also fast dem Jahreshoch entspricht, kommt noch ein weiterer Faktor hinzu. Viele, die zu diesen Kursen Anfang Mai verkauft haben – die Stimmung stürzte zu dieser Zeit auf Jahrestief – haben dies noch als gute, gewinnbringende Entscheidung in Erinnerung. Der äußerst positive Stimmungspegel wird also wahrscheinlich die Sommerpause nicht überstehen.
Gianni Hirschmüller, cognitrend
Verhältnis Optimisten zu Pessimisten
Bullish | Bearish | Neutral | |
---|---|---|---|
Total | 57 % | 20 % | 23 % |
ggü. letzter Erhebung | + 10 % | – 6 % | – 4 % |
DAX-Stimmungskurve
Stand DAX 29.06.2011, 12:00 Uhr: 7.250 Punkte (- 0,48 % gegenüber der letzten Erhebung), Bull/Bear- Index: 70,6 Punkte