DAX-Sentiment: Untergewichtung macht Fondsmanagern zu schaffen

Hirschmüller
Hirschmüller

12. Oktober 2011. FRANKFURT (Börse Frankfurt). Der scheidende EZB-Präsident Trichet warnt vor „gewaltigen Risiken“. Aus Angst, die Märkte ins Chaos zu treiben, weigert sich Euro-Gruppen-Chef Juncker beim Interview, die jüngsten Vorschläge zur Schuldenkrise zu konkretisieren. Und Rezessionsängste, die seit einigen Wochen die Runde machen, sorgen ebenfalls für große Verunsicherungen. Branchen-Insider fürchten ein Abfärben der Euro-Krise auf die deutsche Konjunktur und negative Auswirkungen auf das Verbraucherverhalten. Daher fragen sich die Akteure seit einigen Wochen häufiger, ob dies ein lohnenswerter Zeitpunkt sei, in deutsche Standardwerte zu investieren. Eine eindeutige Antwort hat der DAX in den letzten Handelstagen geliefert: Ja, und ob!

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Der Leitindex verteuerte sich alleine im Oktober in der Spitze um 16 Prozent. Vom Septembertief sind es gar 20 Prozent. Dass der DAX diese Leistung in einem für Aktieninvestoren lebensfeindlich wirkenden Umfeld erbracht hat, wirkt auf viele Beobachter befremdend. Aber die „relative Stärke“ des Aktienmarktes, der momentan „entgegen der Fundamentals handelt“, wie es ein etwas verdutzter Börsianer zum Ausdruck brachte, ist nichts anderes als der Beleg dafür, dass Akteure den Worst Case schon im letzten Monat gehandelt haben. Egal, ob man nun eine weitere Bankenkrise, die Insolvenz Griechenlands oder was auch immer darunter verstanden hat. Diese Angst-Trades fanden beim DAX knapp unter 5.000 Punkten ihren Meister. Ähnlich erging es übrigens Investoren, die Rezessionsängste in einen Ausverkauf bei Basismetallen oder dem Ölpreis übertragen wollten. Auch hier gab es großflächig kräftige Gegenbewegungen, mit denen nicht alle gerechnet haben.

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Die hohe Kassequote, die eine Vielzahl von Investoren in jüngster Zeit nachweislich gehalten haben, hat also einerseits zu einer Underperformance geführt. Andererseits sind diejenigen, die dem Aktienmarkt noch wenigstens halbwegs die Treue gehalten haben und seit September engagiert geblieben sind, noch nicht gewillt, an Gewinnmitnahmen zu denken. Wenn der Markt unter diesen Umständen zu solchen Sprüngen fähig ist, werden sie sich denken, was winken dann erst für Gewinne, wenn sich die Euro-Krise beruhigen sollte? Jedoch könnte die Verkaufszurückhaltung der Optimisten auch etwas mit den Einstandspreisen ihrer Positionen zu tun haben. Solange eine Sechs nicht die DAX-Quotierung anführt, wird kaum jemand von ihnen von satten Gewinnen sprechen können. Deshalb ist die fast unveränderte Haltung der Optimisten in der heutigen Erhebung – das Bullenlager liegt bei 49 Prozent (plus 1 Prozent) – keine große Überraschung.

Hingegen fliehen aus dem neutralen Camp 8 Prozent der Umfrageteilnehmer. Hierbei handelt es sich wohl um die zuvor beschriebenen Underperformer, die sich nun, nachdem der DAX sich fast um ein Fünftel verteuert hat, erst recht nicht mit dem Gedanken anfreunden können, den Markt von der Long-Seite anzugehen. Deshalb suchten 7 Prozent von ihnen ihr Heil in neuen Short-Positionen. Aber diese Verkäufe haben den DAX nicht daran hindern können, in der Berichtswoche täglich kräftig zuzulegen. Die Käuferseite war eindeutig stärker. Wer dazu zählt? Einerseits sicherlich kurzfristig orientierte Leerverkäufer, die dachten, dass, wie im September, auf zehnprozentige Kurszuwächse Abschläge in gleicher Größe folgen werden. Nun müssen sie aber einsehen, dass diesmal mehr dahinter steckt und decken ein. Zieht man andererseits auch den Euro in Betracht, der sich im Oktober 5 Prozent von seinem Tief erholt hat, darf man zum Schluss kommen, dass ausländische Anleger deutsche Schnäppchenwerte entdeckt haben.

Gianni Hirschmüller, cognitrend

Verhältnis Optimisten zu Pessimisten

Bullish Bearish Neutral
Total 49 % 36 % 15 %
ggü. letzter Erhebung + 1 % + 7 % – 8 %

DAX-Stimmungskurve

DAX-Stimmungskurve

Stand DAX 12.10.2011, 12:00 Uhr: 5.870 Punkte (+ 9,93 % gegenüber der letzten Erhebung), Bull/Bear- Index: 57,2 Punkte

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