Marktsentiment: Es kommt ein Schiff geladen

Zusammenfassung der Analyse

Rein in den Markt! Diese Devise scheinen professionelle Anleger zu verfolgen. 9 Prozent sind seit vergangenen Mittwoch long gegangen. Nahezu genauso viele standen zuvor an der Seitenlinie. Das schiebt den Bull/Bear-Index als Maß für den Optimismus im Markt auf bullishe 64,4 Punkte. Joachim Goldberg sieht darin vor allem die Gunst der Stunde als Motivation in Form von „als relativ günstig wahrgenommenen Einstandspreisen im Vergleich zum Allzeithoch.“ Insbsondere Analysten-Erwartungen von 10.000-Plus-DAX-Punkten treiben seiner Ansicht nach die Institutionellen in den Markt.. 

Ganz anders verhalten sich die privaten Anleger. 1 Prozent hat angesichts der DAX-Verluste von 130 Punkten Aktien gekauft, 2 Prozent sind short gegangen. Vielleicht konzentriert man sich schon voll und ganz auf den Kauf von Weihnachtsgeschenken statt Wertpapieren.

Auch die Punkteprognosen zeigen, dass sich viele für eine Hausse zum Jahresbeginn positioniert haben. Selbst die Bären scheinen nicht an den Bestand der Korrektur zu glauben.

Bull/Bear-Index: 64,4 Punkte

Vorwoche: 58,9 Punkte. Oberhalb 50 Punkte ist der Markt optimistisch, unterhalb pessimistisch.

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Goldberg

11. Dezember 2013. FRANKFURT (Börse Frankfurt). Nun hat sich die Stimmung der institutionellen Investoren, die die Börse Frankfurt allwöchentlich befragt, wie von uns zuletzt erwartet entwickelt. Der Optimismus ist deutlich gestiegen und erreicht, gemessen an unserem Bull/Bear-Index, den höchsten Stand seit Ende Juni dieses Jahres. Bemerkenswert: Der Zuwachs von 9 Prozentpunkten in diesem Lager rekrutiert sich ausschließlich von ehemals neutral gestimmten Marktteilnehmern, wodurch deren Anteil am Panel auf den niedrigsten Stand dieses Jahres zurückgefallen ist. Offenbar wollen es die Investoren zwei Wochen vor Weihnachten noch einmal wissen und setzen mehrheitlich noch stärker auf die bullishe Karte.

Bei dieser Entscheidung dürften für die Käufer fundamentale Erwägungen kaum eine Rolle gespielt haben – viel eher die als relativ günstig wahrgenommenen Einstandspreise im Vergleich zum Allzeithoch. Obgleich es bemerkenswerterweise keine plausible Erklärung für den im Wochenvergleich abermals schwächeren DAX (dieses Mal ein Minus von 1,4 Prozent) gab, holten diese Investoren das nach, was sie während der vergangenen Wochen offenbar verpasst hatten. So gesehen, haben sich die Institutionellen auch nicht von den zuletzt immer wieder diskutierten Tapering-Diskussionen um die US-Notenbank beeinflussen lassen. Vielmehr dürften sie die Kursziele mancher Analysten von 10.000 DAX-Zählern und höher zu mehr Engagement motiviert haben, um zumindest für den Anfang des kommenden Jahres für steigende Kurse gerüstet zu sein. In freier Anlehnung an den alten adventlichen Choral könnte man sagen: Es kommt ein Schiff geladen.

Korrektur aus heiterem Himmel

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Die Privatanleger haben sich indes von den Abwärtskorrekturen des DAX der vergangenen Woche nicht zu Käufen verführen lassen, denn ihr Bull/Bear-Index bleibt mit 55,8 Prozent sogar geringfügig unter dem Stand der vergangenen Erhebung. Damit wäre es nicht das erste Mal, dass diese Gruppe sich – möglicherweise abermals erfolgreich – von ihren institutionellen Pendants abgekoppelt hätte.

Rätselhaft ist für uns allerdings derzeit, wer letztlich den neuen institutionellen Käufern gegenübergestanden ist. Während wir dafür in den vergangenen Wochen vor allem ausländisches Kapital als mögliche Abgeber gesehen hatten, spricht die jüngste Entwicklung des Euro gegenüber einem Korb aus verschiedenen Währungen dagegen. Dieser Index konnte nämlich nicht nur den höchsten Stand seit Juli 2011 markieren, sondern hat an jedem Handelstag unseres Berichtzeitraums einen Kursgewinn verbuchen können. Da gleichzeitig die zehnjährige Bund-Rendite nicht gelitten hat, kann man bei den ausländischen Investoren genauso wenig von einer Umschichtung größerer Aktienbestände in Anleihen ausgehen.

Eines lässt sich jedoch mit einem hohen Grad an Sicherheit sagen: Das Kommitment der heimischen institutionellen Investoren ist nun mehrheitlich so hoch, dass ein Gesichtsverlust nur bei steigenden Kursen vermieden werden kann. Aus diesem Grund ist andererseits selbst bei deutlicheren Kursverlusten nicht mit Verkäufen zu rechnen. Damit bleibt das Schicksal des DAX in den Händen kurzfristiger Akteure und dem langfristig orientierten ausländischen Kapital.

von Joachim Goldberg, cognitrend für boerse-frankfurt.de
© 11. Dezember 2013

Sentiment-Zahlen

  • Stand DAX (11. Dezember): 9.110 Punkte (-0,14 % gegenüber der letzten Erhebung)
  • Stand Bull/Bear-Index: 64,4 Punkte

Instituitionelle Anleger

  Bullish Bearish Neutral
Total 55 % 29 % 16 %
ggü. letzter Erhebung +9 % -1 % -8 %

 

Private Anleger – Mit freundlicher Unterstützung von Comdirect

  Bullish Bearish Neutral
Total 48 % 37 % 15 %
ggü. letzter Erhebung +1 % +2 % -3 %

 

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Graue Balken: institutionelle Investoren, gelbe Balken: private Anleger, Kurve: DAX

Weiterführende Links

Preisprognosen spiegeln Zurückhaltung

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Hirschmüller

Während sich das Jahr langsam dem Ende zuneigt, könnten sich heimische Aktieninvestoren eigentlich entspannt zurücklehnen. Sie haben alle Vorbereitungen für das neue Börsenjahr bereits getroffen – Vorbereitungen für eine Rally zu Jahresbeginn, um genau zu sein. Aber von großer Gelassenheit ist noch nicht so viel zu spüren. Dies hat vermutlich zwei Gründe: Zum einen liefert der DAX seit Anfang Dezember keine Gewinne mehr, was aber angesichts der drei hervorragenden vorangegangenen Monate unproblematisch wäre. Dies setzt natürlich voraus, dass die Profite auch voll ausgekostet wurden, was von den befragten Institutionellen nicht unbedingt behauptet werden kann. Zum zweiten potenziellen Störfaktor könnte noch der bevorstehende letzte Verfallstag der Terminbörsen werden, je nachdem, auf welchen Niveaus Aktien und Indizes abgerechnet werden. Echte Entspannung wird daher wohl erst übernächste Woche einkehren.

Dass die Akteure mit den jüngsten Schwankungen nicht allzu viel anfangen konnten, reflektieren auch ihre Prognosen. Sie verzichten allesamt darauf, ihre Kursziele um den Betrag anzupassen, den der DAX in der Berichtswoche zurückgelegt hat, also um rund 150 Punkte nach unten. Stattdessen beschränkte man sich darauf, die Prognosen in allen drei Lagern nur um ein Drittel der DAX-Bewegung herabzusetzen.

Pessimisten rechnen nur mit Korrektur

Die Reaktionen der Panel-Teilnehmer sind wohl deshalb so zurückhaltend ausgefallen, weil sie die fallenden DAX-Kurse nicht erschreckt, sondern im Gegenteil, zu Käufen animiert haben. Durch diese Aufstockungen sind die bullishen Zielmarken zwar nicht mehr ganz so ambitioniert. Sie wurden aber nur moderat zurückgenommen. Und was die Ausreißer-Prognose des vergangenen Mittwoch angeht: Sie steht nach wie vor. Der Ruf der Bullen nach der 10.000er Marke ist also noch nicht verklungen.

Die Bären verhielten sich sehr ähnlich. Sie vermieden es, ihre Rückkaufniveaus hektisch herunterzusetzen, nur weil sich der DAX endlich einmal in die ersehnte Richtung bewegte. Auch ging die Streubreite der bearishen Prognosen noch einmal um 5 Punkte zurück. Alles deutet somit darauf hin, dass die Bären die jüngste Abwärtsbewegung nicht als Trendwende, sondern lediglich als begrenzte Korrektur interpretieren. Die nächsten Gewinnmitnahmen werden bei 9.010 Zählern in Erwägung gezogen.

Im Lager der Neutralen hat sich das Vorhersageband nochmals erweitert, auf nunmehr 235 Punkte. Die untere Begrenzung liegt mit 9.040 Punkten nun fast am Kursniveau, an dem die ersten Bären ihre Positionen schließen wollen.

   Median höchster Wert* tiefster Wert* Streuung
Bullen 9.400 / -50 9.580 9.235 170 / +10
Bären 8.900 / -50 9.010 8.650 180 / -5
Neutrale 9.200 / -50 9.275 9.040 120 / +30

* = eine Standardabweichung vom Mittelwert aller Kursprognosen.

DAX-Gewinner und -Verlierer: Trotz Hausse wenig Begeisterung für Einzelwerte

Einzelwertanalyse

Untersucht werden die Aktien, die für Bullen und Bären derzeit die größten Favoriten darstellen, also die mit der besten erwarteten Entwicklung und die mit der schlechtesten.

Auch wenn sich die Panel-Teilnehmer mittlerweile mehrheitlich auf steigende Kurse am Aktienmarkt verständigt haben, fehlt es bei den Einzelwerten derzeit an echten Top-Stories. Aktien, die sich mit großem Abstand von anderen DAX-Konkurrenten absetzen und mit zweistelligen Zustimmungsquoten von sich Reden machen, sucht man zur Zeit in unserer Top-Liste jedenfalls vergeblich.

Der Commerzbank reichen diese Woche bereits 8 Prozent der Befragten um bei den beliebtesten Aktien die Führungsrolle zu übernehmen. Der Spitzenreiter der vergangenen Woche, K+S, liegt mit 7 Prozent dicht dahinter. Und selbst für den dritten Platz, auf den die in der Vorwoche noch zweitplatzierte Allianz rutschte, reichen magere 5 Prozent der Stimmen aus. Dies alles reflektiert wenig Begeisterung bei den Investoren, obgleich sichder DAX in einer ausgeprägten Hausse-Phase und noch immer auf Sichtweite zum Allzeithoch befindet.

Was die zukünftigen Verlier angeht, haben die mittelfristig orientierten Investoren hingegen klare Vorstellungen. Erster der Verkaufslisten bleiben ThyssenKrupp. Allerdings haben sich die Gemüter der Bären etwas beruhigt. Von den 22 Prozent, die den Titel vor einer Woche noch als schlechtesten DAX-Performer bewerteten, sind nur noch 14 Prozent übrig geblieben. Dies kann aber kaum an Gewinnmitnahmen gelegen haben, es sei denn, sie wurden noch am vergangenen Mittwoch im Tagesverlauf getätigt. Denn seitdem ist die Aktie nicht weiter abgerutscht, sondern hat sogar leicht nach oben korrigiert. Commerzbank sind mit 10 Prozent der Stimmen auf Platz zwei der Flop-Liste geblieben. Allerdings sind das 6 Prozentpunkte weniger als bei der vergangenen Erhebung. Auf Rang drei folgen mit einigem Abstand K+S, die 7 Prozent der Verkäufer anlockten.

von Gianni Hirschmüller, cognitrend – für boerse-frankfurt.de
© 11. Dezember 2013

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