Marktsentiment: Wer heute geht, muss morgen wiederkommen

Zusammenfassung der Analyse

Den Profis scheint es genug. Seit der vorherigen Erhebung vergangenen Mittwoch ist der DAX mit 20 Punkten nur noch leicht gestiegen auf 9.040 Punkte, hat aber im Verlauf in der Spitze 8.158 Punkte markiert. Einige Profis, nämlich 4 Prozent, reagieren mit Verkäufen ihrer DAX-Titel und doppelt so viele, nämlich 8 Prozent, gehen short. Das drückt die Marktstimmung der Profis auf 51,7 Punkte nahe an die Grenze zwischen Pessimismus und Optimismus. Was treibt die Profis aus dem Markt?

Gewinnmitnahmen, vermutet Joachim Goldberg, vielleicht auch die Strategie, Abwärtskorrekturen beim DAX auszunutzen, um auf niedrigerem Niveau wieder einzusteigen. Diese sei aber nicht ungefährlich. Und zwar dann, wenn der Aktienmarkt die gewünschten Rücksetzer nicht zustandebringt, müssen die Bären einem sich verstärkenden Aufwärtstrend hinterher rennen.

Anders agieren die Privaten: Hier haben 2 Prozent Aktien gekauft und 7 Prozent ihre Short-Positionen zu gemacht. Das bedeutet einen absoluten Optimismus im Markt von 64,7 Punkten. Gut möglich, vermutet der verhaltensorientierte Analyst, dass sich diese Investoren vom Hype um die Twitter-Emission hätten beeinflussen lassen, vielleicht aber auch dem Aufwärtstrend mehr trauten als ihre institutionellen Pendants.

Auch die konkreten Punkteerwartungen ließen darauf schließen, dass die Halter der Short-Positionen lediglich ein „Komme-gleich-wieder-Schild“ an die Tür gehängt hätten, mit einem angestrebten Preis von 8.800 Punkten im Mittel.

Von den Einzelwerten überrascht (mehr oder weniger) die Deutsche Bank an der Spitze der antizipierten Verlierer, während es die Commerzbank mit ihrem Sprung über die 10-Euro-Marke an die Spitze der Gewinner geschafft hat.

Bull/Bear-Index: 51,7 Punkte

Vorwoche: 58,3 Punkte. Oberhalb 50 Punkte ist der Markt optimistisch, unterhalb pessimistisch.

goldberg+joachim+120x125.jpg
Goldberg

13. November 2013. FRANKFURT (Börse Frankfurt). Den Optimisten unter den mittelfristig orientierten Marktteilnehmern hat die Entwicklung des DAX seit der verherigen Erhebung der Börse Frankfurt Gewinne gebracht. Gewinne, die man mancherorts nicht so schnell erwartet hatte. Denn die Entwicklung des Börsenbarometers in den Wochen zuvor markierte zwar überwiegend Kurse oberhalb der 9.000er Linie. Allerdings sind die täglichen Ausschläge über weite Strecken sehr moderat ausgefallen und der Vormarsch auf neue historische Hochs hat sich im Zeitlupentempo vollzogen.

Das hat sich erst mit der Zinssenkung der EZB am vergangenen Donnerstag geändert. Und weil das Gros der Akteure diesen Schritt erst für Dezember erwartet hatte, gab es vor allem im kurzfristigen Handel Eindeckungskäufe, die den DAX nach oben katapultierten. Offenbar genug, um vermutlich die zuletzt hinzugekommenen Optimisten unseres Panels zu Gewinnmitnahmen zu verleiten. In der Folge hat sich der Bull/Bear-Index wieder auf das Niveau von vor 14 Tagen zurückgebildet.

Damit stellt sich für unvoreingenommene Beobachter natürlich die Frage, warum dieser Teil unseres Panels – es handelt sich immerhin um 8 Prozent der Befragten – die teils aufgebauten Absicherungspositionen nicht wieder aufgelöst hat. Dabei war doch der DAX am vergangenen Freitag für kurze Zeit nicht nur unter das Niveau gefallen, bei dem sich diese Akteure vor einer Woche als Käufer gezeigt hatten. Vielmehr ergab sich mit DAX-Ständen von rund 8.990 Zählern auch noch eine optisch günstige Kaufgelegenheit. Die Kauf-Strategie der Vorwoche hätte man also ohne weiteres wiederholen können. Allerdings mag der recht schnelle Kursrückgang innerhalb von 24 Stunden sowie die damit neu aufgekeimten Befürchtungen, die US-Notenbank könnte wegen des sehr gut ausgefallenen Arbeitsmarktberichts nun doch schon im Dezember ihre Anleihekäufe zurückfahren, den ein oder anderen Händler zum Zögern veranlasst haben.

Privatanleger koppeln sich ab

Analyse zum Anhören

 Podcast mp3 4 MB

Analyse im TV:
Jeden Donnerstag

  • 11.15 Uhr auf n-tv
  • 14.10 / 18.05 Uhr auf DAF

Bei den Privatanlegern ergibt sich indes ein völlig anderes Bild. Hier kam es interessanterweise nicht zu Gewinnmitnahmen. Vielmehr ist das Bullenlager weiter angestiegen und bewegt sich mit einem Bull/Bear-Index von 61,8 Punkten in den oberen Umfrage-Sphären des laufenden Jahres. Gut möglich, dass sich diese Investoren vom Hype um die Twitter-Emission beeinflussen ließen und mehr Vertrauen in den Aufwärtstrend des Aktienmarktes als ihre institutionellen Pendants haben.

Man sollte aber in diesem Zusammenhang nicht vergessen: Vielen institutionellen Investoren reicht es nicht, lediglich am Aufwärtstrend des DAX teilzunehmen, sondern sie müssen noch ein paar Prozente mehr Gewinn als die Mitstreiter generieren. Zwar verlieren auch diese Marktteilnehmer sicherlich nicht den langfristigen Aufwärtstrend des DAX aus den Augen, müssen aber dennoch die eine oder andere Korrektur handeln. Dies war in der ersten Hälfte dieses Jahres noch genau umgekehrt: Man traute dem längerfristigen Trend des DAX nicht über den Weg, war aber immerhin bereit, bei Gewinnmitnahmen ein wenig mehr Geduld zu zeigen. Die Strategie, Abwärtskorrekturen beim DAX auszunutzen, um auf niedrigerem Niveau wieder einzusteigen, ist bekanntermaßen nicht ungefährlich. Und zwar dann, wenn der Aktienmarkt die gewünschten Rücksetzer nicht zustandebringt und die neuen Bären von heute – auch wenn sie nur kurzfristig handeln sollten – einem sich verstärkenden Aufwärtstrend hinterher rennen müssen.

von Joachim Goldberg, cognitrend für boerse-frankfurt.de
© 13. November 2013

Verhältnis Optimisten zu Pessimisten

  Bullish Bearish Neutral
Total 41 % 38 % 21 %
ggü. letzter Erhebung -4 % +8 % -4 %

 

dax+sentiment+20131113+584x210.png

  • Stand DAX (13. November): 9.060 Punkte (+0,02 % gegenüber der letzten Erhebung)
  • Stand Bull/Bear-Index: 51,7 Punkte

Verhältnis Optimisten zu Pessimisten

Mit Unterstützung von
comdirect+188+80.png

  Bullish Bearish Neutral
Total 54 % 26 % 20 %
ggü. letzter Erhebung +2 % -7 % +5 %

 

Private Anleger: Stimmungs- und DAX-Verlauf
dax+sentiment+priv+20131113+584x210.png

  • Stand DAX (13. November): 9.060 Punkte (+0,02 % gegenüber der letzten Erhebung)
  • Stand Bull/Bear-Index: 64,7 Punkte

Weiterführende Links

DAX-Bullen „kommen gleich wieder“

hirschmueller+gianni+120x125.jpg
Hirschmüller

An die Neun als erste DAX-Tausenderstelle haben sich die Marktteilnehmer recht schnell gewöhnt, was höchstwahrscheinlich mit der jüngsten Kursentwicklung zusammenhängen dürfte. Immerhin hat der deutsche Leitindex seit gut zweieinhalb Wochen nicht mehr unterhalb der 9.000er Schwelle geschlossen. Außerdem lieferte der Aktienmarkt am vergangenen Donnerstag nach der überraschenden EZB-Zinssenkung einen kräftigen Spurt in höhere Gefilde. Ein Ereignis, das auf die Prognosen der von der Börse Frankfurt befragten Akteure abgefärbt haben dürfte. Und zwar im positiven Sinne, denn durch die Bank weg zogen Bullen und Bären ihre Erwartungshaltung für deutsche Blue Chips deutlich nach oben.

Am stärksten erfolgte die Anpassung im Lager der besonders bullishen Optimisten. Die höchste DAX-Prognose liegt nun bei 9.510 Zählern. Das sind 100 Punkte mehr als in der vergangenen Woche. Im Vergleich zur Kursveränderung von plus 20 Punkten auf Erhebungsbasis stellt dies einen deutlichen Vertrauensbonus dar. Aber auch die tiefste Schätzung dieser Gruppe kann sich mit 9.125 Zählern (+15 Punkte) noch sehen lassen. Allerdings hat sich durch die neuesten Prognose-Verschiebungen nun wieder eine sehr asymmetrische Spanne in der Erwartungshaltung der Akteure herausgebildet. Der Median dieser Gruppe liegt bei 9.250 Zählern, was ebenfalls einer Steigerung von 50 Punkten entspricht.

Händler stieren auf Mini-Korrektur

Eindrucksvoll war diesmal, was sich bei den Pessimisten getan hat. 8 Prozent Zuwachs ist ein deutliches Zeichen. Doch die geäußerten Kurserwartungen der Bären lassen darauf schließen, dass es sich lediglich um Gelegenheitsskeptiker handeln dürfte. DAX-Händler also, die nur auf eine kurzfristige Korrektur stieren, um schnell wieder einsteigen zu können. Es dürfte sich bei ihnen sogar teilweise um ehemalige Bullen handeln, die das „Komme-gleich-wieder-Schild“ an die Tür gehängt haben. Statt der Zeit steht auf der Tafel der angestrebte Preis ihrer geplanten Rückkehr: 8.800 Punkte. Dies ist jedoch nur der Mittelwert dieser Gruppe. Die ersten Bären sind hingegen gewillt, bereits bei 8.940 Punkten in den Markt zurückzukommen. Eingefleischte Pessimisten warten hingegen weiter auf viel deutlichere Rückschläge. Für sie müsste der DAX schon auf 8.550 DAX-Zähler (+5 Punkte) fallen.

Das neutralen Lager stellt sich derzeit auf einen leichten Volatilitäts-Anstieg ein: Die erwartete Handelsspanne hat sich abermals deutlich um 65 Punkte erweitert.

   Median höchster Wert* tiefster Wert* Streuung
Bullen 9.250 / +50 9.510 9.125 195 / +45
Bären 8.800 / +75 8.940 8.550 195 / +35
Neutrale 9.040 / +40 9.165 8.850 155 / +30

* = eine Standardabweichung vom Mittelwert aller Kursprognosen.

DAX-Gewinner und -Verlierer: Deutsche Bank wird Ziel der Short-Spekulanten

Einzelwertanalyse

Untersucht werden die Aktien, die für Bullen und Bären derzeit die größten Favoriten darstellen, also die mit der besten erwarteten Entwicklung und die mit der schlechtesten.

K+S führten nach ihrer Rating-Abstufung vor einer Woche noch mit weitem Abstand die Liste der zukünftigen potenziellen DAX-Verlierer an. Die Aktie konnte sich in den vergangenen Tagen aber gut behaupten und weiteren Kursverlusten erfolgreich trotzen. Als Konsequenz haben sich einige Short-Spekulanten, die auf schnelle Gewinne nach der Verkündung der Bonitätsherabstufung hofften, wohl wieder zurückgezogen. K+S belegen mit 7 Prozent der Stimmen (-7 Prozent) nur noch Platz drei. An der Spitze der DAX-Flops steht nun wieder ein Finanzinstitut – wenn auch ein mittlerweile nicht mehr ganz so systemrelevantes. Die Deutsche Bank zog 12 Prozent der pessimistischen Stimmen auf sich, was sicherlich nicht nur am unglücklichen Video-Interview liegen dürfte, das plötzlich in einer Satire-Sendung des ZDF ausgestrahlt wurde. Eher dürfte der Aktienkurs selbst daran schuld gewesen sein. Er entwickelt sich seit drei Wochen deutlich gegenläufig zum DAX-Aufwärtstrend. Vom Zweitplatzierten, der ThyssenKrupp Aktie (9 Prozent), lässt sich das hingegen nicht behaupten. 

Für die Commerzbank war der jüngste Sprung über die 10-Euro-Marke eine Art Frischzellenkur. Die Aktie konnte ihre Attraktivität deutlich steigern und führt nun die DAX-Top-Liste mit 9 Prozent (+4 Prozent) der Stimmen an. Allerdings sitzt ihr die Deutsche Telekom mit 8 Prozent (+1 Prozent) eng auf den Fersen. Auch K+S und SAP (beide 7 Prozent) zählen zum engsten Verfolgerkreis.

von Gianni Hirschmüller, cognitrend für boerse-frankfurt.de
© 13. November 2013

detailanalzse.png