Marktstimmung: DAX-Händler setzen auf Rückschlag

Zusammenfassung der Analyse

Institutionelle Anleger glauben scheinbar nur halbherzig an 10.000 DAX-Punkte, private wirken etwas überzeugter. Der heutigen Umfrage zufolge haben 13 Prozent der professionellen Investoren ihre DAX-Aktien seit vergangenen Mittwoch verkauft, ebenso viele sind short gegangen. Der Bull/Bear-Index steht genau bei 50 Punkten, der Grenze zwischen Pessimismus und Optimismus. Das sind 14 Punkte weniger als in der Vorwoche. Nicht ganz so einig sind sich die privaten Anleger, von denen 8 Prozent short gegangen sind, aber auch 2 Prozent Aktien gekauft haben. Dieser Bull/Bear-Index zeigt mit 57,9 Punkten weiter Optimismus an. Der Index hat im betrachteten Zeitraum 140 Punkte zugelegt und im Verlauf einen neuen Rekord erreicht.

Wegen eben dieser Höchstmarke sollten sich die Bären unwohl füllen, allerdings glaubt Gianni Hirschmüller nicht, dass echte Überzeugung diese Short-Anleger antreibt wie noch Ende vergangenen Jahres, sondern der Wunsch auf niedrigerem Niveau wieder einzusteigen.

Der Blick auf die Punkteprognose zeigt, dass die verbleibenden 39 Prozent Bullen nicht gerade euphorisch sind, allerdings rechnen auch die Bären nicht mit einer Trendumkehr, sondern einer gesunden Korrektur.

Was die Einzelwerte angeht, drängeln sich drei Aktien an der Spitze der erwarteten Gewinner: Commerzbank, Telekom und Deutsche Bank.

Bull/Bear-Index: 50 Punkte

Vorwoche: 64,4 Punkte. Oberhalb 50 Punkte ist der Markt optimistisch, unterhalb pessimistisch.

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Hirschmüller

22. Januar 2014. FRANKFURT (Börse Frankfurt). Mittlerweile – davon sind die meisten Marktteilnehmer überzeugt – geht es nicht mehr darum ob, sondern nur noch wie schnell der DAX die 10.000er Marke überschreiten wird. Um diese Prognose fundamental zu rechtfertigen, versuchen Akteure die Situation so positiv wie möglich darzustellen. Die Aussichten für die Weltwirtschaft seien ausgezeichnet und die Risiken überschaubar, heißt es beispielsweise. Insbesondere für den deutschen Export ergäben sich gute Perspektiven, schwärmen Analysten. Ein wenig nachdenklich stimmt diese Stimmungsmache schon. Denn gerade erst zu Wochenbeginn bestätigten sich Vermutungen, dass China, einer der wichtigsten Motoren des globalen Wachstums, bereits im zweiten Jahr hintereinander auf niedrigeren Drehzahlen laufen wird.

Aber was macht das schon, wenn selbst der in den vergangenen Jahren sehr zurückhaltende Internationale Währungsfonds (IWF) wieder grünes Licht für die Weltkonjunktur gibt. Wenn auch mit der Einschränkung, die Risiken seien noch nicht vollständig gebannt. Ebenfalls weit oben auf der Argumentationsliste der Optimisten steht die jüngste Umfrage der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft PricewaterhouseCoopers (PwC), in der sich 1.344 Vorstandschefs aus aller Welt äußerten. Nur 7 Prozent von ihnen glauben, dieses Jahr werde sich die globale konjunkturelle Lage verschlechtern. In 2013 waren es immerhin noch 28 Prozent. Und Deutschland gegenüber ist man in den Führungsetagen großer Unternehmen ebenfalls besonders positiv eingestellt. Es wird nach den USA als das Land mit den besten Wachstumsaussichten genannt.

Natürlich entwickeln sich Wirtschaft und Aktienmarkt nicht immer im Einklang. Während der DAX-Hausse der vergangenen beiden Jahre wurden immer wieder Krisenwarnungen ausgesprochen oder andere Bedenken geäußert. Bedeutet dies etwa, dass nun, wo alle Welt nur noch über rosige Aussichten spricht, die Aktienmärkte ihren Höchstständen nahe sind? Wenn man das Resultat der heutigen Sentiment-Erhebung als Maßstab nimmt, könnte dies tatsächlich der Fall sein. Denn die von der Börse Frankfurt befragten institutionellen Anleger kehren dem DAX den Rücken. Eine radikale Abwanderung von 13 Prozent vom Bullen- ins Bärenlager hat dafür gesorgt, dass unser Bull/Bear-Index auf den tiefsten Stand seit September vergangenen Jahres gefallen ist und nun genau auf der 50-Punkte-Schwelle liegt.

Privatanleger bleiben dem DAX treu

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Zwar zog es dieses Mal auch reichlich Privatanleger ins Bärenlager. Aber im krassen Gegensatz zu den Investmentprofis ist bei ihnen der Anteil der Optimisten nicht im selben Maß gefallen, sondern sogar noch im 2 Prozent gestiegen. Damit hält sich der Rückgang im Bull/Bear-Index der Privaten in Grenzen. Er verliert lediglich 3,2 Punkte und liegt nun bei 57,9 Punkten.

Das auffälligste Merkmal der heutigen Erhebung ist indes, dass der DAX unter den Verkäufen der befragten Akteure nicht gelitten hat, sondern gestern sogar noch ein neues Allzeithoch markieren konnte. Die neuen Short-Positionen der Skeptiker dürften sich demnach noch nicht sehr angenehm anfühlen. Verglichen mit der Situation im September, als die Stimmung ähnlich schlecht und der DAX bei gut 8.700 Punkten ebenfalls an einem Allzeithoch notierte, dürften diesmal aber die Ambitionen der Pessimisten deutlich geringer sein. Damals wurde viel über Trendwende gesprochen. Diesmal wollen die Bären zwar auch niedrigere Kurse sehen, aber nur, um günstiger wieder einsteigen zu können.

von Gianni Hirschmüller, cognitrend für boerse-frankfurt.de
© 22. Januar 2014


Sentiment-Zahlen

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Blaue Balken: institutionelle Investoren, gelbe Balken: private Anleger, Kurve: DAX


Instituitionelle Anleger

  Bullish Bearish Neutral
Total 39 % 39 % 22 %
ggü. letzter Erhebung -13 % +13 % +0 %

 

  • Stand DAX (22. Januar): 9.740 Punkte (+ 1,44 % gegenüber der letzten Erhebung)
  • Stand Bull/Bear-Index Institutionelle Anleger: 50 Punkte (Vorwoche: 64,4 Punkte)


Private Anleger – Mit freundlicher Unterstützung von Comdirect

  Bullish Bearish Neutral
Total 50 % 35 % 15 %
ggü. letzter Erhebung +2 % +8 % -10 %

 

  • Stand Bull/Bear-Index Private Anleger: 57,9 Punkte (Vorwoche: 61,1 Punkte)

Weiterführende Links

DAX 10.000? Nur für hartgesottene Optimisten

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Goldberg

Dass der mittlere Prognosewert der Optimisten in dieser Woche „nur“ bei 9.900 Zählern liegt, sieht fast schon ein wenig bescheiden aus, wenn man bedenkt, dass die 10.000er Marke gerade während der vergangenen Handelstage in aller Munde war. Allerdings ist die Gesamtheit der Prognosen um den Zentralwert sehr ungleich verteilt, da das Minimum, das selbst zurückhaltende Optimisten an der Oberseite sehen möchten, immerhin bei 9.845 liegt. Unterdessen träumen nur überzeugtere Bullen – und auch nicht allzu viele von ihnen – bereits vom DAX 10.000 und Kursen deutlich darüber. Dennoch ist die Bandbreite der Vorhersagen immer noch auffallend eng: Offenbar scheint in dieser Gruppierung ein recht gutes Einvernehmen darüber zu bestehen, welche Kursniveaus als „hoch“ zu gelten haben. Von übertriebener Euphorie oder gar irrationalem Überschwang sind die Bullen dabei noch weit entfernt, aber sie scheinen von ihren Engagements recht überzeugt zu sein.

Korrektur ja, aber keine Einigkeit im Bärenlager

Obgleich man beim stark angestiegenen Bärenlager der Realität gestiegener Kurse letztlich mit einem im Vergleich zur Vorwoche um fast 2 Prozent höheren Medianwert der Prognosen Rechnung zu tragen scheint, gehen die Meinungen über das Ausmaß eines erhofften DAX-Rücksetzers weit auseinander – ein Indiz dafür, dass viele Akteure nicht mit einer Trendumkehr, sondern eher nur mit einer Korrektur des Aufwärtstrends rechnen. Die Bandbreite der Vorhersagen hat sich nicht nur die zweite Woche hintereinander nochmals deutlich vergrößert, sie ist um die Marke von 9.350 auch noch asymmetrisch (leicht nach unten) verteilt.

Bei den neutral gestimmten Händlern fällt auf, dass sie zwar ihr Prognoseband im Einklang mit der DAX-Entwicklung nach oben angepasst haben. Die Bereitschaft, sich auf einer Seite des Marktes zu engagieren, jedoch ausgesprochen gering.

   Median höchster Wert* tiefster Wert* Streuung
Bullen 9.900 / +125 10.075 9.845 115 / -50
Bären 9.350 / +150 9.550 9.050 250 / +65
Neutrale 9.700 / +100 9.795 9.650 70 / -10

* = eine Standardabweichung vom Mittelwert aller Kursprognosen.

DAX-Gewinner und -Verlierer: K+S trotz Rutschpartie gefragt

Einzelwertanalyse

Untersucht werden die Aktien, die für Bullen und Bären derzeit die größten Favoriten darstellen, also die mit der besten erwarteten Entwicklung und die mit der schlechtesten.

Bei den Bankwerten scheinen sich die Geister weiterhin zu scheiden; für die einen sind sie hui, für andere eher pfui. Aber zumindest für eine Woche ist die Commerzbank auf Einkaufsliste der von der Börse Frankfurt befragten mittelfristig orientierten Händler auf den ersten Platz gezogen – sogar 11 Prozent der Befragten konnten sich für diesen Titel erwärmen. K+S sind mit 10 Prozent der Stimmen, trotz ihrer nun schon vier Tage dauernden und bereits fast neunprozentigen Abwärtskorrektur immer noch erstaunlich gut gefragt: Sie belegen allerdings nur noch den zweiten Rang innerhalb einer eng gestaffelten Spitzengruppe, vor Deutsche Telekom (8 Prozent) und Deutsche Bank (7 Prozent).

Die Deutsche Bank scheint aber derzeit nicht nur Fans zu haben, die an einen nachhaltigen Kulturwandel glauben. Vielmehr führt dieses Papier vermutlich aufgrund der Gewinnwarnung vom vergangenen Sonntag und der nicht enden wollenden negativen Schlagzeilen mit 9 Prozent Stimmenanteil die Verliererliste an. Auf dem zweiten Platz liegen SAP (7 Prozent), denen die Verschiebung des Renditeziels um zwei Jahre zumindest kurzfristig nicht bekommen zu sein scheint. Immerhin haben sich Commerzbank von ihrer wenig schmeichelhaften Spitzenposition bei den Verlierern verabschiedet und liegen nur noch bei 6 Prozent der Investoren bei den Verkäufen ganz vorne auf Rang drei.

von Joachim Goldberg, cognitrend für boerse-frankfurt.de
© 22. Januar 2014

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