Marktstimmung: "Institutionelle Anleger werden vorsichtiger"

Zusammenfassung

Ein kleiner Teil der institutionellen Anleger holt an der Seitenlinie erstmal Luft – 4 Prozent haben ihre DAX-Aktien seit vergangenem Mittwoch verkauft und nur 1 Prozent ist short gegangen. Das drückt den Stimmungsindikator aber nur leicht auf immer noch sehr bullishe +32 Punkte. Joachim Goldberg sieht vor allem Gewinnmitnahmen der Profis dahinter, ausgelöst durch das „nachlassende Aufwärts-Momentum“ des DAX und wieder aufkeimende Erwartungen höherer US-Zinsen.

Anders haben die Privatanleger auf die 200 Punkte Kursgewinn im betrachteten Zeitraum reagiert. Die Bullen sind weiter long und 3 Prozent haben ihre Short-Engagements geschlossen. Bei einem Stimmungspegel von +41 Punkten stehen jetzt 60 Prozent Bullen 19 Prozent Bären gegenüber. Goldberg bemerkt, dass sich offenbar die Sorglosigkeit dieser Anleger gehalten hat.

Unterm Strich hätten sich die Bedingungen für eine Hausse leicht verbessert. Zum einen sei der belastende Optimismus zurückgegangen, zum anderen wären Anleger offenbar bereits bei Rücksetzern von 2 bis 3 Prozent zum Wiedereinstieg bereit. Dennoch: „Der Optimismus ist im historischen Vergleich zu hoch und nur gerechtfertigt, wenn neue langfristige Kapitalzuflüsse (vornehmlich aus dem Ausland) dem DAX zugutekommen.“

  • Profis: +32 Punkte (Vorwoche: +37)
  • Private: +41 Punkte (Vorwoche: +38)
  • DAX:  +200 Punkte

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Goldberg

4. November 2015. FRANKFURT (Börse Frankfurt). Knapp zwei Wochen ist es mittlerweile her, dass der Präsident der Europäischen Zentralbank, Mario Draghi, mit seiner Ankündigung, die quantitativen Lockerungsmaßnahmen möglicherweise auszuweiten, die Börsianer euphorisch gestimmt hat. Betrachtet man allerdings die Entwicklung des DAX während der vergangenen acht Handelstage, so lässt sich feststellen, dass das Börsenbarometer zwar bis zur heutigen Sentiment-Erhebung an mehr als der Hälfte der Tage ein neues Hoch markieren, aber gemessen an diesen Punkten per Saldo doch nur gerade einmal 1,3 Prozent an Boden gewinnen konnte. Dieser Dynamikverlust dürfte einer der Gründe gewesen sein, warum sich einige mittelfristig orientierte Anleger unseres Panels zu Gewinnmitnahmen entschlossen haben. So hat sich der Optimismus gegenüber der Vorwoche abermals leicht zurückgebildet, weshalb der Börse Frankfurt Sentiment-Index um fünf Punkte auf einen Wert von nunmehr +32 Punkte gefallen ist. Der Schluss, dass es sich dabei lediglich um Gewinnmitnahmen gehandelt haben muss, liegt nahe, denn nur ein kleiner Bruchteil der wechselwilligen Investoren schlug sich direkt auf die Bärenseite.

Neben der Angst, dass dem nachlassenden Aufwärts-Momentum des DAX womöglich eine kräftigere Korrektur folgen könnte, mag es auch fundamentale Motive für die jüngsten Abgaben der institutionellen Akteure gegeben haben. Zum einen hat sich die Zahl derer, die in den USA eine Zinswende noch in diesem Jahr erwarten, seit unserer vergangenen Erhebung wieder etwas erhöht, wozu insbesondere die zuletzt als „falkenhaft“ wahrgenommenen Statements aus Kreisen der US-Notenbank beigetragen haben. Auf der anderen Seite scheint es möglich, dass die jüngst wieder leicht gestiegenen Ölpreise einige Akteure skeptischer gegenüber Draghis mehrfach bekräftigter Absicht gestimmt haben, im Dezember die Geldschleusen zur Ankurbelung von Wachstum und Inflation notfalls weiter zu öffnen.

… aber Privatanleger bleiben sorglos

Bei den Privatanlegern ergibt sich unterdessen ein anderes Bild. Dass dort der Anteil der Optimisten ganz stabil bei 60 Prozent der Befragten verharrt, könnte möglicherweise einer distanzierteren Betrachtung der geldpolitischen Nachrichtenlage zuzuschreiben sein. Jedenfalls scheint in diesem Panel die Befürchtung, die jüngsten Kursgewinne des DAX wieder hergeben zu müssen, ausgesprochen gering zu sein. Mehr noch – selbst einige Pessimisten haben das Handtuch geworfen und ihre Absicherungen gegen eine Korrektur der Aktienkurse aufgelöst. Deswegen hat sich der Börse Frankfurt Sentiment-Index sogar um drei Punkte auf nunmehr +41 Punkte erhöht.

Die unterschiedliche Entwicklung der Sentiment-Indizes bei institutionellen und privaten Investoren zeigt per Saldo zweierlei. Der Optimismus, der einen weiteren kraftvollen Anstieg des DAX derzeit belastet, ist zurückgegangen. Allerdings wird gleichzeitig eine Bereitschaft, bereits bei kleineren Rücksetzern in einer Größenordnung von 2 bis 3 Prozent wieder in den deutschen Aktienmarkt einzusteigen, erkennbar. Damit hätte das Börsenbarometer gegenüber der Vorwoche etwas mehr Unterstützung gewonnen. Allerdings löst auf der anderen Seite der ungebrochene Optimismus der Privatanleger und eine damit verbundene geradezu gelernte Sorglosigkeit bei uns gewisse Bedenken aus, dass sich die von vielen beschworene Jahresendrallye womöglich doch nicht ohne zwischenzeitlich stärkere Kursverluste einstellen könnte. Mit anderen Worten: Der Optimismus ist im historischen Vergleich zu hoch und nur gerechtfertigt, wenn neue langfristige Kapitalzuflüsse (vornehmlich aus dem Ausland) dem DAX zugutekommen. 

  • 11.15 Uhr auf n-tv
  • 14.10 / 18.05 Uhr auf DAF

von Joachim Goldberg, Goldberg & Goldberg für boerse-frankfurt.de

© 4. November 2015.

[1] Der Börse Frankfurt Sentiment-Index bewegt sich zwischen -100 (totaler Pessimismus) und +100 (totaler Optimismus), der Übergang von positiven in negative Werte markiert die neutrale Linie. Die Werte des früheren Cognitrend Bull/Bear-Index sind auf die neue Skalierung umgerechnet worden.

Börse Frankfurt Sentiment-Index
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Blaue Balken: institutionelle Investoren, gelbe Balken: private Investoren

Institutionelle Anleger

 

   Bullish Bearish  Neutral
Total  57%  25%  18%
ggü. letzter Erhebung  -4%  +1%   +3%

 

    • DAX (Veränderung im Vergleich zum 28.Oktober): 10.950 (+200 Punkte ggü. letztem Sentiment)
    • Börse Frankfurt Sentiment-Index institutionelle Anleger: +32 Punkte  (letzte Erhebung: +37 Punkte)
DAX-Entwicklung im betrachteten Zeitraum
dax110415.png

Private Anleger

 

   Bullish Bearish  Neutral
Total  60%  19%  21%
ggü. letzter Erhebung  unverändert  -3%  +3%

 

  • DAX (Veränderung im Vergleich zum 28. Oktober): 10.950 (+200 Punkte ggü. letztem Sentiment)
  • Börse Frankfurt Sentiment-Index private Anleger: +41 Punkte (letzte Erhebung: +38 Punkte)