Markttechnik: Ausbruch oder Fehlausbruch?

4. Mai 2011. FRANKFURT (Börse Frankfurt). Es geht steil bergauf. So hat der DAX in nur zwei Wochen rund 500 Punkte gutgemacht und notiert jetzt im Bereich von 7.500 Punkten. Das Allzeithoch mit 8.153 Punkten aus dem Jahr 2007 rückt wieder in greifbare Nähe. Aus Sicht von technischen Analysten stehen die jüngsten Kursgewinne aber auf tönernen Füßen: Es könne sich um einen Fehlausbruch handeln, so die Befürchtung.

Fehlsignal beim DAX?

Geyer
Geyer

Nach Ansicht von Christoph Geyer, technischer Analyst der Commerzbank, sieht die Lage am deutschen Aktienmarkt auf den ersten Blick zwar makellos aus. Bei näherem Hinsehen seien aber einige Stolpersteine zu erkennen, die den DAX wieder ausbremsen könnten. „Bedenklich ist die fehlende Marktbreite, die sich in den geringen Umsätzen widerspiegelt. Hinzu kommt der aktuell steile Aufwärtstrend, der so kaum durchzuhalten sein wird“, argumentiert Geyer. Daneben spielten auch saisonale Effekte eine Rolle: Zwar sei die Regel „Sell in may and go away“ kein Dogma, aus Sicht des Experten sollten die Investoren aber zumindest zum Monatsanfang einen psychologischen Faktor in die Anlageentscheidung mit einbeziehen. „Der Wochenstart mit den am Montag abgegebenen Tagesgewinnen zeigt jedenfalls, dass den Bullen bereits kurz nach dem Ausbruch schon wieder die Luft auszugehen scheint. Es würde nicht verwundern, wenn eine Korrekturbewegung beginnt“, fügt Geyer hinzu und geht davon aus, dass die Abwärtsbewegung bis in den Bereich der Aufwärtstrendlinie reichen könnte, die aktuell bei rund 7.250 Punkten verläuft.

Deutliche Schwächen

Auch Klaus Deppermann von der BHF Bank hält einen nachhaltigen Ausbruch am Aktienmarkt aktuell für unwahrscheinlich. Der jüngste Anstieg weise einige deutliche Schwächen auf, mahnt der Charttechniker und verweist vor allem auf die unterdurchschnittliche Entwicklung einiger wichtiger Sektoren: „Weder in Europa noch in den USA konnte der Bankensektor auch nur annähernd mit dem Anstieg der Standard-Indizes mithalten. Das gleiche gilt auch für die Rohstoffwerte gemessen am Stoxx Basic Resources Index.“ Zudem habe sich beim US-Brokerindex in den vergangenen Wochen eine Divergenz aufgebaut, ähnlich wie in den Jahren 2007 und 2010. Der US-Brokerindex sei einer der zuverlässigsten Signalgeber für den S&P 500, so Deppermann.

Nachhaltiger Ausbruch unwahrscheinlich

Deppermann
Deppermann

In Europa weisen nach Ansicht des Analysten neben den Sektor-Indizes auch einige Länder-Indizes Konditionsprobleme auf dem Weg nach oben auf. Das gelte insbesondere für einige Aktienmärkte in Südeuropa. Daneben sprächen aktuell die Umsatz-Indikatoren gegen einen nachhaltigen Ausbruch.

Auch die Stimmungs-Indikatoren weisen wie Deppermann erklärt derzeit ein Verkaufsignal auf. „Das gilt auch für die europäischen Aktienmärkte. Hier ist vor allem die hohe Neutralitätsquote bei der jüngsten Sentix-Umfrage hervorzuheben. Eine solche Konstellation spricht eher für einen Fehlausbruch nach oben als eine nachhaltige Aufwärtsbewegung.“

Anleger sind misstrauisch

Auch die Anleger sind skeptisch. Zu diesem Ergebnis kommt die aktuelle Sentimenterhebung der Börse Frankfurt. Das Bärenlager der befragten 300 aktiven Investoren legt in dieser Woche um satte 14 Prozent zu. Immerhin 10 Prozent von ihnen waren in der Vorwoche noch long positioniert, die übrigen 4 Prozent waren nicht im Markt. Für den Bull/Bear-Index für DAX-Werte bedeutet das einen Einbruch um 13,4 auf 42,2 Prozent. Beim TecDAX sieht es ähnlich aus: 5 Prozent mehr Bären drücken den Bull/Bear-Index von 62,1 Prozent in der Vorwoche auf 57,1 Prozent.

Der Bull/Bear-Index misst das Maß an Optimismus im Markt. Dafür werden die Optimisten ins Verhältnis zu den Pessimisten gesetzt und mit den neutral Gestimmten gewichtet. Werte unter 50 Punkte zeigen eine pessimistische Gesamtstimmung der Anleger. Was es bedeutet, können Sie ab 17 Uhr bei boerse-frankfurt.de/sentiment lesen.

© 4. Mai 2011 / Karoline Kopp