Markttechnik: Erst einmal tief Luft holen

10. August 2011. FRANKFURT (Börse Frankfurt). Nach Kursverlusten von über 25 Prozent in den vergangenen elf Handelstagen auf zwischenzeitlich nahezu 5.500 Punkte bescheinigen technische Analysten dem DAX eine potenzielle kurzfristige Bodenbildungskerze. Ob sie sich durchsetzen kann, hänge auch von den heutigen Kursverläufen ab. Die Chancen für eine vorübergehende Erholung stünden aufgrund der aktuell stark überkauften Lage zwar nicht schlecht, übergeordnet seien die Bären aber weiterhin aktiv und lassen den Analysten zufolge vermutlich noch eine Weile ihre Muskeln spielen.

Kurzfristige Bodenbildung beim DAX in Sicht

Ruhiger Auftakt zu Beginn jeweils gefolgt von einer Verkaufslawine. So habe sich das Muster der vergangenen Handelstage wiederholt. „Erst seit gestern haben wir eine erste nennenswerte Erholungsbewegung gesehen“, erklärt Dirk Oppermann von der DZ Bank. Diese Tageskerze weise einen längeren „unteren Schatten“ auf, der eine günstigere Prognose für den deutschen Leitindex erlaube. Von einem längeren unteren Schatten spricht man, wenn der Tiefpunkt und Eröffnungspunkt eines Tages eine große Differenz zeigt. Dies werten Chart-Analysten als ein Zeichen dafür, dass viele Käufer am Werk sind. „Mit den Zukäufen nach Erreichen des Tiefpunktes bei 5.500 Punkten am gestrigen Dienstag hat der Markt einen ersten Anker setzen können, um die Abwärtsspirale zu unterbrechen“, vermutet der technische Analyst. Trotz eines übergeordneten Bärenmarktes im DAX, der seit dem 27. Juli herausgebildet worden sei, gebe es nun Erholungspotenzial bis zum 38,2 Prozent Fibonacci-Retracement des kurzfristigen Abwärtstrends um rund 6.220 Zähler. „An der negativen Großwetterlage ändert dies aber nichts“, glaubt Oppermann.

Denn einer günstigeren Prognose stünden aus technischer Sicht eine ganze Reihe von markanten Widerständen bei 6.340, 6.480, 7.000 sowie die fallende 200-Tage-Linie bei 7.080 im Weg. „Deshalb sehen wir nach einer kurzfristigen Erholung ein weiter gehendes Kursrisiko bis zum 61,8 Prozent Fibonacci-Retracement der Hausse vom März 2009 bis Mai 2011, die bei 5.130 Punkten liegt“, erklärt Dirk Oppermann. Widerstände gebe es bei 6.220 und 6.435 Punkten, und Unterstützung macht der Analyst bei 5.500 und 5.130 Zählern aus.

Kleine Erholung mit großen Schwankungen


Kersenbrock

Von der Konsolidierung über die Korrektur in die Bärenphase, so beschreibt Petra von Kerssenbrock die Entwicklungsschritte des DAX seit Februar diesen Jahres. Die Zwischenhausse von September 2010 bis Februar 2011 sei zunächst in eine „ganz normale Kurskonsolidierung“ im deutschen Aktienbarometer übergegangen, mit gestaffelten Unterstützungsmarken bei 6.500 und 7.000 Punkten. „Mit dem Rutsch unter die 7.000 Zähler Anfang August wurde aus der Konsolidierung eine Korrektur“, beschreibt die technische Analystin der Commerzbank den Prozess. Zuletzt sei diese Korrektur von sehr aggressiven Verkaufssignalen begleitet worden. „Erst am Dienstag endete die kurzfristige Zwischenbaisse in einem Mini-Sell-Off“, erklärt die technische Analystin der Commerzbank. Bis dahin hätten aus technischer Sicht immer noch die Bären das Sagen gehabt. „Ab jetzt wird vermutlich erst einmal eine volatile Erholung auf der technischen Tagesordnung stehen“, beschreibt von Kerssenbrock die kurzfristigen Aussichten des DAX. Dabei erwartet sie zunächst eine Rückkehr des Barometers in den Bereich zwischen 5.800 und 6.400 Punkten aus dem Sommer 2010.

Optimisten legen zu

Anleger zeigen sich in dieser Woche wieder optimistischer. Bei den 300 von der Börse Frankfurt befragten professionellen Anlegern wechseln 13 Prozent von der Bärenfraktion zum Bullenlager und heben den DAX Bull/Bear Index auf 68,9 Prozent gegenüber 54,4 Prozent in der Vorwoche. 23 Prozent der Befragten gehen nun Short und unverändert 20 Prozent sind unentschieden.

Beim TecDAX hat sich die Stimmung mit einem Bull/Bear-Index von 73,6 Prozent gegenüber 51,4 Prozent in der Vorwoche deutlich erhellt. Auch hier wechseln mit 17 Prozent die meisten Pessimisten zu den Optimisten. Bei den neutral gestimmten Investoren wechseln 3 Prozent ins Bullenlager.

Der Bull/Bear-Index misst das Maß an Optimismus im Markt. Dafür werden die Optimisten ins Verhältnis zu den Pessimisten gesetzt und mit den neutral Gestimmten gewichtet. Werte unter 50 Punkte zeigen eine pessimistische Gesamtstimmung der Anleger. Was es bedeutet, können Sie ab 17 Uhr bei boerse-frankfurt.de/sentiment lesen.

© 10. August 2011 / Iris Merker