Markttechnik: Keine Entwarnung

21. September 2011. FRANKFURT (Börse Frankfurt). Die extremen Ausbrüche an den Börsen in den vergangenen Monaten haben Charttechniker vorsichtig gemacht: Selbst Phasen mit kräftigen Kursgewinnen wie in der vergangenen Woche sehen sie nicht als Trendwende, vielmehr sprechen sie von einer Bärenmarktrallye. Laut Christoph Geyer von der Commerzbank hat sich die Lage zwar etwas aufgehellt, der technische Analyst verweist auf die etwas höheren Umsätze in der Erholung. Der finale Ausverkauf fehle aber weiterhin. „Somit bleibt es bei der Aussage, dass gegen Ende September mit einem letzten Rückschlag zu rechnen ist.“ Der BNP Paribas zufolge ist der DAX-Abwärtstrend der vergangenen vier Wochen noch intakt, die Analysten prognostizieren einen Rückgang bis auf 5.230 Punkte. Nach heftigen Verlusten am Montag und ordentlichen Gewinnen am Dienstag notiert der DAX am Mittwoch Nachmittag bei 5500 Punkten etwa 1,1 Prozent im Minus.

Kein Ende der Malaise


Staud

Wieland Staud von Staud Research geht davon aus, dass sich die Erholung beim DAX noch fortsetzen wird – bei anhaltend hohen Schwankungen. Das deutsche Aktienbarometer könne bis auf 6.000 Punkte klettern. „Um eine Trendwende handelt es sich aber wahrscheinlich nicht. Wir haben nichts in den Händen, was darauf hindeuten würde“, bemerkt der Charttechniker. Zur Begründung verweist Staud unter anderem auf die Elliott-Wellen. Die Wellentheorie, die in den späten 1920er von dem US-Amerikaner Ralph Nelson Elliott entwickelt wurde, besagt, dass sich die Märkte in immer wiederkehrenden wellenförmigen Mustern bewegen. Und dieses Bild verheiße nichts gutes. „Außerdem ist die Stimmung noch nicht so rabenschwarz, wie man es erwarten sollte.“ Stauds Fazit: „Wir haben wahrscheinlich die tiefsten Tiefs noch nicht gesehen.“

Unterstützung bei 5.500 gefährdet

Auch so manche Sentiment-Betrachtung macht wenig Hoffnung. „Es wird eine zweite Abwärtswelle geben“, meint Manfred Hübner, der den Sentix erhebt und analysiert. Mit dem Kurssturz Ende Juli und Anfang August wurde Hübner zufolge der seit Anfang 2009 laufende Aufwärtstrend definitiv gebrochen. „Wir befinden uns seitdem in einem Bärenmarkt.“ Darauf deute das Ausmaß des Absturzes hin. „Niemals zuvor gab es so viel Wertvernichtung zu Anfang einer Abwärtsbewegung.“

Entscheidend für Hübners Pessimismus sind aber die mittelfristigen Erwartungen der Anleger, die, anders als die kurzfristigen, schon seit Februar nach unten wiesen und immer noch fielen. „Hier haben wir gerade ein 52-Wochen-Tief erreicht.“ Anleger nähmen die gravierenden Probleme somit durchaus wahr. „Zwar kann es noch kurzfristige Stabilisierungsphasen geben, über 6.000 Punkte sollte der DAX aber nicht steigen.“ Vielmehr dürfte die charttechnische Unterstützung bei 5.500 Punkten nicht gehalten werden. Hübner sieht den DAX in einer zweiten Welle bis auf 4.500 Zähler fallen.

Sentiment bleibt freundlich

Allen Turbulenzen zum Trotz: Die Anleger bleiben – zumindest auf Monatssicht – zuversichtlich, wie zumindest die aktuelle Befragung der Börse Frankfurt bei 300 professionellen Anlegern zeigt. Der Bull/Bear-Index für DAX-Werte hält sich gegenüber der Vorwoche fast unverändert bei 65,6 Punkten und bewegt sich damit weiter fernab der neutralen 50 Punkte-Linie. Sowohl Bären- als auch Bullenlager schrumpften um 2 Prozent, während das Lager der neutral gestimmten Investoren zulegte.

Etwas eingetrübt hat sich die Stimmung für die Technologiewerte, hier geht der Bull/Bear-Index von 66,4 auf 60,7 Prozent zurück. 7 Prozent der bislang positiv Gestimmten waren jetzt anderer Meinung. Der Bull/Bear-Index misst das Maß an Optimismus im Markt. Dafür werden die Optimisten ins Verhältnis zu den Pessimisten gesetzt und mit den neutral Gestimmten gewichtet. Werte unter 50 Punkten zeigen eine pessimistische Gesamtstimmung der Anleger. Was es bedeutet, können Sie ab 17 Uhr bei boerse-frankfurt.de/sentiment lesen.

© 21. September 2011 / Anna-Maria Borse