Markttechnik: Kleines Pflänzchen Hoffnung

24. August 2011. FRANKFURT (Börse Frankfurt). Zwar hat der DAX nach dem dramatischen Kurseinbruch Anfang des Monats zu mehreren Erholungsversuchungen angesetzt, so recht vom Fleck gekommen ist er aber noch nicht. Jetzt mehren sich allerdings die Anzeichen für einen Kursanstieg. „Die Chancen nach oben überwiegen leicht“, meint etwa der freie technische Analyst Stefan Salomon. Positiv wertet er, dass die Marke von 5.500 Punkten erfolgreich getestet worden sei. „Wir haben wahrscheinlich das Jahrestief gesehen.“ Die Unsicherheit sei aber nach wie vor hoch. „Die Kuh ist noch nicht vom Eis.“ Christoph Geyer von der Commerzbank bleibt skeptisch und begründet dies unter anderem mit den geringen Umsätzen, die den gestrigen Anstieg getragen hätten. Er ist nach wie vor davon überzeugt: Mit dem Unterschreiten der 5.500er-Marke wurde ein neues Abwärtspotenzial bis etwa 5.130 Punkte eröffnet. „Erst ein Übersteigen des Bereichs um 6.000 Punkte könnte eine signifikante Besserung der technischen Lage hervorrufen.“

Kurzfristig Erholungschance


Siegert

„Der Patient ist stabil, aber nicht über dem Berg“, kommentiert Martin Siegert von der Landesbank Baden-Württemberg. Mit Bruch der 6.996er-Marke und einem Tageschlusskurs unter der 200-Tage-Durchschnittslinie hätten die DAX-Bären das Zepter fest in die Hand genommen. „Spätesten bei diesem Signal um 6.953 Zähler im DAX-Index musste technisch orientierten Investoren und Tradern klar geworden sein, dass eine dynamische Abwärtsbewegung ansteht.“ Diese habe innerhalb von 14 Handelstagen ein Tief bei 5.345 Zählern erreicht. Dann habe sich beim RSI-Indikator eine Divergenz gebildet, das Auslaufen der Bewegung habe sich manifestiert, ohne aber ein „Daily- oder Wochen-Reversalsignal“ ins Chartbild zu brennen. Der Relative Strength Index RSI setzt die Auf- und Abwärtsbewegungen von Aktien über die Zeit in Relation und weist der technischen Analyse zufolge auf einen über- oder unterverkauften Markt hin.

Einfache oder komplexe Korrektur?

Damit befinde sich der DAX in einer Korrekturbewegung, deren zeitliche Ausprägung davon abhänge, ob es sich um eine einfache oder komplexe Korrektur handle. „Sollte eine einfache dominant sein, muss bereits in der Zone um 5.678/5.730 beziehungsweise knapp unter der 5.800er-Marke die Ausbildung eines Korrekturhochpunktes erwartet werden“, meint Siegert. Eine komplexe Korrektur habe hingegen eine längere Verweildauer und mache den Test der 6.100er-Marke wahrscheinlich. „Eine wichtige Unterstützungszone bildet in den kommenden Tagen die Zone um 5.452 und 5.408 beziehungsweise aus Sicht der Tagesschlusskurse die 5.473er-Marke.“ Das Unterschreiten dieser Marke lasse nochmals Verkaufsdruck erwarten. Aus Sicht der klassischen Supportzonen-Analyse rückten dann die Preisniveaus um 5.312 und 5.181 respektive die 5.158er-Marke ins Visier.

Kurzfristig Erholungschance


Henke

„Der DAX hat seit Anfang August gleich mehrere Unterstützungen annähernd ohne Widerstand der Bullen nach unten durchbrochen“, erklärt Christian Henke von der WestLB. Kurzfristig bestehe nun aber durchaus die Möglichkeit einer Gegenbewegung. Das Momentum, das die Trendstärke misst, habe zuletzt nach oben gedreht und steige seitdem. Somit liege auf Tagesbasis eine so genannte positive Divergenz vor. „Entfernt sich der DAX nachhaltig von der Chartmarke bei 5.503/5.488 Punkten gen Norden, könnte es in Richtung der ehemaligen Unterstützung bei 6.026/6.024 Punkten gehen.“

Der Aktienindex habe allerdings zuletzt, wenn es nach einer Erholung aussah, enttäuscht. „Daher sollte auch das Abwärtspotenzial genannt werden“, erklärt Henke. Eine wichtige und stabile Unterstützung sieht er im Bereich bei 5.300 Punkten. Hier lägen eine horizontale Unterstützung sowie eine Fibonacci-Haltelinie. Unter dem Strich bleibt Henke pessimistisch – jedenfalls solange das deutsche Aktienbarometer nicht zu einer nachhaltigen Gegenbewegung ansetze.

Zuversicht kehrt zurück

Anleger zeigen sich in dieser Woche wieder viel zuversichtlicher. Bei den 300 von der Börse Frankfurt befragten professionellen Anlegern haben 11 Prozent vom Bären- ins Bullenlager gewechselt. Mittlerweile ist mit 54 Prozent wieder mehr als die Hälfte der Investoren positiv bezüglich der Bluechips. Der Bull/Bear Index steigt entsprechend, und zwar von 55,6 Prozent in der Vorwoche auf 67,8. Auch beim TecDAX zeigt sich ein ähnliches Bild: Hier klettert der Bull/Bear-Index von 55 auf 66,4 Prozent und liegt damit ebenfalls wieder weit über der neutralen 50-Prozent-Linie.

Der Bull/Bear-Index misst das Maß an Optimismus im Markt. Dafür werden die Optimisten ins Verhältnis zu den Pessimisten gesetzt und mit den neutral Gestimmten gewichtet. Werte unter 50 Punkte zeigen eine pessimistische Gesamtstimmung der Anleger. Was es bedeutet, können Sie ab 17 Uhr bei boerse-frankfurt.de/sentiment lesen.

© 24. August 2011 / Anna-Maria Borse