Markttechnik: Stabilisierung ist möglich

5. Oktober 2011. FRANKFURT (Börse Frankfurt). Ob sich der DAX über der Marke von 5.000 Zählern halten kann, entscheidet aus Sicht von Charttechnikern über die weitere Richtung des deutschen Aktienbarometer. Die Chancen dafür sind laut HSBC Trinkaus durchaus gegeben. Zustimmung signalisieren die von der Börse Frankfurt befragten Investoren. Auf Vierwochensicht erwarten sie für DAX und TecDAX eine positive Entwicklung.

Beim Thema Staatsverschuldung im Euroraum läutet die Ratingagentur Moody’s mit der Herabstufung der Kreditwürdigkeit Italiens um drei Stufen von Aa2 auf A2 mit negativem Ausblick die nächste Runde ein. Laut Medienberichten begründet Moody’s den Schritt mit gestiegenen Risiken für die italienische Wirtschaft. Der Gemeinschaftswährung hat diese Nachricht nicht geschadet. Der Euro notiert am Mittwochmorgen mit 1,3320 US-Dollar sogar leicht im Plus.

Erholung nicht ausgeschlossen


Meier

„Die Bullen gewinnen beim DAX derzeit einfach kein Oberwasser“, fasst Jana Meier das Scheitern des jüngsten Ausbruchs gen Norden zusammen. Der Sprung über den kurzfristigen Abwärtstrend seit August bei aktuell 5.406 Punkten habe sich als Fehlausbruch erwiesen. Neben den angeschlagenen technischen Indikatoren – der Stochastik-Indikator habe kürzlich ein neues Ausstiegssignal generiert – befeuere dieser „False Break“ zusätzlich die Gefahren auf der Unterseite.

Schlüsselrollen spielten nun die breite Unterstützungszone aus den Hochpunkten im DAX vom Juni und Januar 2009 bei 5.178 bzw. 5.111 Punkten sowie das 61,8- Prozent-Fibonacci-Retracement des gesamten Erholungsimpulses seit März 2009 bei 5.121 Zählern. Gestützt werde der Bereich zudem durch die 200-Monatslinie bei aktuell 5.022 Punkten und die beiden jüngsten Verlaufstiefs bei 4.974 und 4.966 Zählern.

„Solange diese Bastion verteidigt werden kann, bestehen für den deutschen Leitindex weiterhin Erholungschancen“, glaubt die technische Analystin der HSBC Trinkaus & Burkhardt. Mit einem nachhaltigen Bruch des angeführten Abwärtstrends und der Rückeroberung der jüngsten Verlaufshochs bei 5.656 und 5.670 Zählern könne das Blatt gewendet werden. „Dann ist auch eine endgültige Entwarnung möglich“, analysiert Meier. Eine in diesem Fall abgeschlossene Bodenbildung könne einen Schlussstrich unter die jüngsten Kursverluste ziehen.

„Unterhalb dieser wichtigen Unterstützung ist ein Stabilisierungsansatz indes vorerst passé und könnte die Schlinge um den Hals des deutschen Aktienindex noch weiter zuziehen“, sagt Meier voraus. In diesem Fall erkennt die technische Analystin im Julitief 2009 bei 4.524 Punkten die erste sehr markante Anlaufmarke.

DAX vor weiterer Bewährungsprobe


Siegert

Obwohl der DAX im vergangenen Monat knapp unter der Marke von 5.000 Punkten ein „Doppeltief“ gebildet habe, erkennt Martin Siegert in der gegenwärtigen Chart-Konstellation des deutschen Aktienbarometers wenig Grund für Optimismus. „Aktuell steht der DAX vor einer möglichen neuerlichen Bewährungsprobe“, beobachtet der Analyst der Landesbank Baden-Württemberg. Sollte in den kommenden Tagen der Bruch bei 5.125 Punkten erfolgen, rücke zum dritten Mal die Schwelle von 5.000 Zählern für den DAX ins Blickfeld. „Die aktuelle Lage der Indikatoren bietet genug Raum, diese wichtige Marke nach unten zu durchbrechen“, bemerkt Siegert. Danach erhalte der deutsche Leitindex bei 4.834 und 4.856 Zählern die nächste Unterstützung. Deutliche Preiswiderstände erkennt Martin Siegert im Bereich der „offenen Kurslücke“ bei 5.502 Punkten.

Ein hartes Stück Arbeit für den Dow Jones

Spannung erzeuge zudem ein Blick auf den Dow Jones Industrial Average. „Seit Anfang August tobt sich der amerikanische Aktienindex in einer breiten Schiebezone zwischen rund 11.550 Punkten auf der Ober- und 10.600 Punkten auf der Unterseite aus“, berichtet Jana Meier. Die letztgenannte Marke stelle dabei eine beachtliche Unterstützung dar, die aus den jüngsten Verlaufstiefs gespeist und durch mehrere markante Hochpunkte aus dem Jahr 2010 verstärkt werde.

„Wenn diese Bastion nachhaltig aufgegeben werden muss, wird der Schlag ins Kontor umso größer“, sagt Meier voraus. Darunter finde der Dow Jones so schnell keinen weiteren Halt. Erst im Bereich der Tiefs vom August bzw. Februar 2010 bei 9.937 und 9.835 Zählern macht die Analystin die nächsten sinnvollen Unterstützungen aus. Das potentielle Abschlagspotential aus der angeführten Handelsspanne von immerhin rund 1.000 Punkten könne gar zu einem Wiedersehen mit dem Jahrestief 2010 bei 9.771 Punkten führen.

„Die technischen Indikatoren befeuern dieses Abwärtsszenario zusätzlich“, meint Meier. Sowohl der MACD als auch der Stochastik-Indikator hätten unmittelbar an ihren Signallinien wieder abgedreht und somit jeweils ein Scheitern des Bullen ausgeprägt. Aufhellen könnten sich die Perspektiven des US-amerikanischen Aktienindex durch die Verteidigung der angeführten Marken bei rund 10.600 Punkten und die Auflösung der Handelsspanne nach oben. Im Erfolgsfall biete die 200-Tageslinie bei aktuell 11.977 Punkten eine erste Anlaufmarke.

Anleger bleiben zuversichtlich

Die Investoren bleiben bei ihrer optimistischen Einschätzung bezüglich des DAX. Der Bull/Bear-Index für die deutschen Bluechips steigt auf 60,6 von zuvor 59,4 Punkten, wie die aktuelle Befragung von 300 professionellen Anlegern ergibt. Insgesamt um 2 Prozent gewinnen die Bullen aus der Gruppe derer hinzu, die auf Vierwochensicht mit einem unveränderten Stand beim DAX rechnen. Das Bärenlager ist mit 29 Prozent unverändert.

Weniger bullish schätzen Anleger die Aussichten für die Technologiewerte ein. Beim TecDAX gewinnen die Bären von den neutral Gestimmten 2 Prozent und vom Bullenlager 4 Prozent hinzu. Der Bull/Bear-Index sinkt von 62,9 auf 55,7 Punkte.

Der Bull/Bear-Index misst den absoluten Optimismus im Markt. Dafür werden die Optimisten ins Verhältnis zu den Pessimisten gesetzt und mit den neutral Gestimmten gewichtet. Werte unter 50 Punkten zeigen eine pessimistische Gesamtstimmung der Anleger. Was es bedeutet, können Sie ab 17 Uhr bei boerse-frankfurt.de/sentiment lesen.

© 5. Oktober 2011 / Iris Merker