Markttechnik: Trübes Chartbild

20. April 2011. FRANKFURT (Börse Frankfurt). Der Aktienmarkt bleibt auf Richtungssuche. Nachdem sich beim DAX in der vergangenen Woche Erholungstendenzen abgezeichnet hatten, deuten die Zeichen in dieser Woche schon wieder in Richtung Süden. „Erneute Sorgen hinsichtlich der Schuldenkrise sorgten zuletzt für Abgabedruck“, kommentiert ein Analyst. Charttechniker schätzen die Lage als angespannt ein und rechnen auf kurze Sicht mit weiteren Rückschlägen. Der übergeordnete Abwärtstrend bestehe aber noch, heißt es.

Vorerst mit Verlusten zu rechnen

Henke
Henke

Nach Ansicht von Christian Henke, technischer Analyst der WestLB, ist der DAX auf kurze Sicht zwar angeschlagen. Die mittelfristige Hausse sei aber weiter intakt. „Nachdem erst kürzlich die Unterstützungszone bei 7.020/7.040 Punkten erreicht wurde, könnte jetzt im schlimmsten Fall der steigende 200-Tage-Durchschnitt bei aktuell 6.696 Punkten ins Visier genommen werden. Zuvor liegt bei 6.780/6.810 Punkten eine horizontale Schiebezone,“ erklärt Henke. Für den Fall, dass sich der DAX nach oben von der zuletzt erreichten Unterstützung wegbewege, könne zuerst die Haltelinie bei 7.242 Punkten das Ziel sein. Anschließend dürfte nach Einschätzung des Technikers das Niveau bei 7.400 Punkten angestrebt werden.

Auf mittlere Sicht zeigt sich der Analyst optimistisch und schließt auch die Rückkehr in den Bereich des Allzeithochs bei 8.150 Zählern nicht aus. „Bevor aber die historischen Hochs bei 8.150 Punkten ein Thema werden, könnte oberhalb von 7.441 Punkten die dritte und letzte seit März 2009 bestehende Fächerlinie bei aktuell 7.820 Punkten anvisiert werden.“

Rückschlagspotenzial: 150 Punkte

Scherer
Scherer

Auch Jörg Scherer von HSBC Trinkaus & Burkhardt hält die kurzfristige Lage am deutschen Aktienmarkt für angespannt und sieht deutliche Kursrisiken. „Mit dem Abgleiten unter das essentielle Unterstützungsbündel aus der Kurslücke vom 1. April bei 7.087/80 Punkten, der 90-Tages-Linie bei aktuell 7.086 Punkten sowie der Parallelen zum Aufwärtstrend seit August 2009 bei derzeit 7.078 Zählern wurde die Bewegungsarmut der vergangenen Tage eindrucksvoll nach unten aufgelöst. Aus der Höhe der zuvor etablierten Trading-Range lässt sich nun ein kalkulatorisches Abschlagspotential von rund 150 Punkten ableiten“, analysiert der Techniker.

Zur Vorsicht mahne zusätzlich der Aroon-Indikator, der den Kursrutsch vom Wochenbeginn mit einem neuen Verkaufssignal quittiert habe. Der Aroon misst die Tage seit dem letzten Hoch und dem letzten Tief und wird zur Unterscheidung von Trend- oder Seitwärtsphasen eingesetzt. Vor einem Ausschöpfen des beschriebenen Rückschlagsrisikos schützt nach Ansicht von Scherer nun noch die verbliebene Kurslücke vom 30. März bei 6.995/60 Punkten. „Für Entspannung der nervösen Lage sorgt aber erst eine schnelle Rückeroberung des alten Unterstützungsclusters bei knapp 7.100 Punkten.“

Gespaltene Lage

Geyer
Geyer

„Die technische Lage ist derzeit gespalten“, meint Christoph Geyer von der Commerzbank. Wie der technische Analyst erklärt, befinde sich der DAX auf der einen Seite noch immer über der Marke von 7.000 Punkten, die sowohl eine psychologische als auch eine technische Marke sei. Zum anderen zeigten jedoch die Indikatoren Warnsignale an. „Hinzu kommt, dass viele Einzelwerte im DAX derzeit schlechter aussehen als der DAX selbst. Eine solche Diskrepanz ist in der Regel nicht lange durchzuhalten. Sollte dem DAX eine schnelle Erholung möglich sein, die bis etwa 7.250 Punkte laufen könnte, dann müsste sich die Technik bei vielen Einzelwerten deutlich verbessern.“ Andernfalls wäre nach Einschätzung Geyers mit einem erneuten Abgleiten zu rechnen. Die nächste Unterstützung sieht der Techniker für diesen Fall bei 6.800 Punkten.

Auszug aus dem Bullenlager

Die Anleger sind jedoch viel weniger skeptisch als noch vor einer Woche. Immerhin 8 Prozent der 300 befragten aktiven Investoren haben sich von ihren Short-Positionen in DAX-Aktien getrennt. Das heißt aber nicht, dass sie steigende Kurse erwarten: Mit 5 Prozent ist die Mehrheit ganz aus dem Markt gegangen. Das bringt den Bull/Bear-Index für DAX-Werte auf 60,6 Prozent. Beim TecDAX sieht es ähnlich aus: 7 Prozent weniger Bären und 6 Prozent ohne Engagement bringen das Maß für den absoluten Optimismus im Markt auf 62,2 Prozent.

Der Bull/Bear-Index misst, wie viel Optimismus in einem Markt ist. Dafür werden die Optimisten ins Verhältnis zu den Pessimisten gesetzt und mit den neutral Gestimmten gewichtet. Werte unter 50 Punkte zeigen eine pessimistische Gesamtstimmung der Anleger. Was es bedeutet, können Sie ab 17 Uhr bei boerse-frankfurt.de/sentiment lesen.

© 20. April 2011 / Karoline Kopp