Peeters: "Die auffällige Gelassenheit an den Aktienmärkten"


Peeters

24. März 2011. FRANKFURT (Börse Frankfurt). Es ist wie so oft im Börsengeschehen, Anleger haben ein kurzes Gedächtnis. Zumindest agieren sie so, als ob die Probleme von gestern quasi über Nacht ad acta gelegt worden sind. Ausgesprochen anschauliche Bespiele sind die Katastrophe in Japan mitsamt der anschließenden nuklearen Verseuchung sowie der militärische Konflikt in Libyen. Die Reaktionen auf beide Ereignisse an den Börsen waren schnell, spürbar und auch durchaus intensiv, insbesondere in den ersten Tagen nach der Katastrophe in Japan. Aber schon jetzt zeichnet sich an vielen Märkten das immer wieder anzutreffende Muster einer gewissen Ruhe nach dem Sturm ab.

Dabei agieren die Anleger nach dem Leitspruch: „Keine News sind gute News“. Während besonders Meldungen aus dem japanischen Reaktor Fukushima in den ersten Tagen nach der Katastrophe immer wieder für Verunsicherung auch an den Aktienmärkten geführt haben, zeigten sich die Anleger zunehmend resistent gegenüber weiteren Meldungen aus dieser Richtung. Dabei kann man beim Geschehen in Fukushima selbst nur bedingt von einer Stabilisierung sprechen. Zudem lehrt die bislang doch sicherlich nicht allzu transparente japanische Informationspolitik eine gewisse Demut, dass man sich nicht zu früh über ein Ende des Unglücks freuen darf.

Auch der Ausgang des Konflikts in Libyen lädt bei Lichte betrachtet nicht zu überzogenem und verfrühtem Optimismus ein. Auch wenn die Luftwaffe des regierenden Diktators Muammar al-Gaddafi augenscheinlich schnell besiegt wurde, muss der Konflikt noch lange nicht zu einem schnellen Ende kommen. Die Parallelen zu den langwierigen Operationen etwa im Irak oder Afghanistan sind nicht ganz abzustreiten und für die westlichen Mächte wäre ein weiteres Kampfgebiet auch in wirtschaftlicher Hinsicht ein Desaster. Der bange Blick der Anleger auf die Preisentwicklung beim Ölpreis als das augenscheinlichste „Fieberthermometer“ für diese Region dokumentiert das verbliebene Unbehagen.

Doch trotz Fukushima, Libyen und weiterer Probleme etwa hinsichtlich der hohen Staatsverschuldung von peripheren europäischen Staaten, gab es an den Aktienmärkten in den vergangenen Tagen bemerkenswerte Stabilisierungen: Der Dow Jones Industrial notiert wieder so hoch wie vor dem Erdbeben in Japan und oberhalb der psychologisch interessanten Marke von 12.000 Zählern. Der DAX steuert wieder schnurstracks auf 7.000 Punkte zu. Und das sind nur zwei Beispiele von vielen.

Doch was ist die eigentliche Motivation der vielen Anleger, nun schon jetzt in das vor kurzem noch fallende Messer zu greifen? Bei allem Respekt vor dem Mut und der Entschlossenheit der Anleger: Ein Stück weit scheinen die Investoren in der Masse unverändert „Getriebene“ zu sein, die die unverändert im Markt befindliche hohe Liquidität nun mal irgendwo unterbringen müssen. Das ist einerseits gut, zeigt es doch die geschilderte Resistenz gegenüber exogenen Schocks. Andererseits verbleibt natürlich die Abhängigkeit von der Liquidität.

Anleger, die den Aufwärtstrend mitmachen, sollten die Liquidität als wesentlichen Treibstoff der Märkte im Auge behalten. Denn wenn etwa eine nachhaltige Zinswende diesen Antriebsfaktor stoppt, könnte die Party zu Ende gehen. Selbst dann, wenn in Fukushima oder Libyen die dortigen Probleme tatsächlich weitgehend gelöst wären.

© 24. März/Roger Peeters

*Roger Peeters ist Vorstand der Close Brothers Seydler Research AG, einer Tochter der Frankfurter Wertpapierhandelsbank Close Brothers Seydler Bank. Zuvor leitete Peeters viele Jahre die Redaktion der „Platow Börse“ und beriet den von ihm konzipierten DB Platinum III Platow Fonds. 2008 erschien von ihm ‚Finde die richtige Aktie – ein Profi zeigt seine Methoden‘ im Finanzbuchverlag. Peeters schreibt regelmäßig für die Börse Frankfurt.

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