Peeters: "Die Bullen auf der Flucht"

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Peeters

19. April 2013. FRANKFURT (Börse Frankfurt). Was ist der Unterschied zwischen der Verfolgungsjagd in einem Kriminalroman und der Geschehen auf der Börse in den vergangenen Tagen? Im Krimi sind die Verbrecher auf der Flucht vor den „Bullen“, wie die Polizisten im entsprechenden Jargon tituliert werden, während es auf dem Börsenparkett zurzeit die Bullen (als Symbolträger für den Aufwärtstrend) sind, die offenbar in Eile das Weite suchen.

Dieses zugegebenermaßen etwas bemühte Wortspiel sollte nicht darüber hinwegtäuschen, dass an der Börse momentan doch einige Alarmglocken schrillen. Spätestens mit dem Erreichen eines neuen Jahrestiefs bei DAX und dem Durchbrechen diverser Unterstützungsmarken machen sich einige Börsianer Sorgen, ob nun ein größerer Kehraus ansteht.

In der Tat ist es bemerkenswert, dass momentan auf einen früheren Favoriten ordentlich „draufgehauen“ wird. Wer vor einem halben Jahr geahnt hätte, wie es etwa für den Aktienkurs von Apple oder auch für den Preis des vermeintlich sicheren Hafens Gold bergab geht, der wäre als notorischer Schwarzseher ausgelacht worden. Doch was folgt nun? Brechen nun die Aktienmärkte auf breiter Front ein? Kommt ein „sell in May“ schon zu spät, weil den Bullen gerade der Boden unter den Füßen wegbricht?

In der Tat mahnen einige Aspekte zur Vorsicht, vor allem die technische Ausgangssituation. Die momentane Bewertung ist im Wesentlichen durch die immense Liquidität bedingt und fundamental nur begrenzt zu rechtfertigen. Die Berichtssaison ist unter dem Strich ebenso von gemischten Ergebnissen geprägt wie das Makroumfeld, in dem die Zeichen sich verdichten, dass es mit der Weltkonjunktur abwärts geht.

Wie soll man sich nun positionieren? Nun, es wäre naiv, den doch starken Trend zu ignorieren oder zu verharmlosen. Die Wahrscheinlichkeit, dass es in den kommenden Wochen zu weiteren Abverkäufen kommt, ist substanziell. Vor dem Hintergrund der erhöhten Nervosität und der angespannten Technik dürften besonders externe Schocks deutliche Auswirkungen haben.

Aber das viel zitierte „Big picture“ sollte nicht außer Acht gelassen werden, denn hier sind die Dinge unverändert: Die Notenbanken begegnen der Schuldenkrise mit einer weit geöffneten Geldschleuse und kommen aus diesem Dilemma auch nicht so ohne weiteres raus. Somit spricht einiges für das klassische Muster, wonach die Märkte im 2. Quartal konsolidieren und sich dann zum Jahresende wieder erholen.

© 19. April 2013/Roger Peeters

*Roger Peeters ist Vorstand der Close Brothers Seydler Research AG, einer Tochter der Frankfurter Wertpapierhandelsbank Close Brothers Seydler Bank, einer auf mittelständische Unternehmen fokussierte Bank. Zuvor leitete Peeters viele Jahre die Redaktion der „Platow Börse“ und beriet den von ihm konzipierten DB Platinum III Platow Fonds. 2008 erschien von ihm ‚Finde die richtige Aktie – ein Profi zeigt seine Methoden‘ im Finanzbuchverlag. Peeters schreibt regelmäßig für die Börse Frankfurt.

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