Peeters: Märkte auf der Suche nach dem sicheren Halt

Peeters
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28. Juli 2011. FRANKFURT (Börse Frankfurt). Irgendwas ist verflixt in diesem Juli. Kaum erleben wir einen der seltenen niederschlagsfreien Tage mit warmen Temperaturen und sonnigem Himmel, werden wir am folgenden Tag wieder auf den Boden der Tatsachen zurück geholt, die da lautet: 2011 fällt der Sommer aus. Wolken, Regen und Kälte kehren ebenso schnell wie vehement zurück.

Die Parallele zu den Finanzmärkten drängt sich nahezu auf. Auch hier scheint eine Sommerrallye momentan außer Reichweite. Und auch hier werden kurze „Schönwetterperioden“ von unangenehmen (Kurs-)Einbrüchen und lautem Donner in Form von unangenehmen Nachrichten abgelöst. Die größten „Tiefdruckgebiete“ sind hier momentan weniger auf Seiten der börsennotierten Unternehmen zu finden. 2011 ist vielmehr das Jahr, in dem wie selten in jüngerer Vergangenheit die Solvenz wichtiger Staaten und die Stabilität großer Leitwährungen in Frage gestellt werden.

Erst rückte Europa, hier besonders die Staaten an der südlichen Peripherie, über Monate in den Mittelpunkt von Untergangsszenarien. Infolge der ausgemachten Schwäche der betroffenen Staaten wurde auch der Euro als solcher in seiner Wert- und Nachhaltigkeit immer mehr in Frage gestellt. Erst mit dem jüngsten Rettungspaket für das Sorgenkind Griechenland kehrte wieder etwas mehr Ruhe ins Geschehen ein.

Dass der Euro gegenüber dem US-Dollar nicht noch stärker unter Druck geriet, liegt an der uralten Feststellung, dass alles im Leben relativ ist. Und eine Abschwächung gegenüber dem US-Dollar kann letztlich nur eintreten, wenn dessen Wert mindestens stabil ist. Hiervon kann angesichts des Showdowns beim Streit um das US-Schuldenlimit jedoch keine Rede sein. Insbesondere vor dem Hintergrund der jüngsten Zuspitzung wird bei den führenden Rating-Agenturen das früher undenkbare Szenario einer Abwertung der Bonität des Schuldners USA immer offener ausgesprochen, selbst im Falle einer Einigung in der Debatte.

Doch was bleibt in einer (Finanz-)Welt, in der „Fixsterne“ US-Dollar und Euro zu verglühen drohen? Wenig, wie die erratischen Wertveränderungen der raren Alternativen zeigen. Die markante Hausse bei den sicheren „Häfen“ wie Gold oder dem Schweizer Franken ist sicherlich zu einem guten Teil der überschaubaren Verfügbarkeit dieser Alternativen geschuldet. Ein potenzieller Ersatz für die großen Währungen wird hier ebenso wenig zu finden sein wie beim japanischen Yen, dessen Währungsraum von ähnlichen Problemen (in Form einer extrem hohen Verschuldung) geprägt ist. Den Währungen aus aufstrebenden Staaten wie China oder Indien mag die ferne, nicht aber die nahe Zukunft gehören.

Dieser Mangel an Alternativen ist das vielleicht schwerwiegendste Argument, was zurzeit für den Euro oder den US-Dollar spricht. Es löst nicht die Probleme, verschafft aber Zeit. Und genau diese Zeit sollten die Verantwortlichen in den Notenbanken und auf den Regierungsbänken nutzen, um an einer ebenso nachhaltigen wie drastischen Abkehr der bisherigen Schuldenspirale zu arbeiten. Wenn die derzeitige Eskalation dazu gut ist, dass sich diese Dinge nachhaltig ändern, werden wir alle profitieren. Dann würde die Sonne nicht nur im Sommer, sondern über das ganze Jahr hinweg scheinen, um das eingangs genutzte Bild noch mal auf zu greifen.

© 28. Juli 2011/Roger Peeters

*Roger Peeters ist Vorstand der Close Brothers Seydler Research AG, einer Tochter der Frankfurter Wertpapierhandelsbank Close Brothers Seydler Bank. Zuvor leitete Peeters viele Jahre die Redaktion der „Platow Börse“ und beriet den von ihm konzipierten DB Platinum III Platow Fonds. 2008 erschien von ihm ‚Finde die richtige Aktie – ein Profi zeigt seine Methoden‘ im Finanzbuchverlag. Peeters schreibt regelmäßig für die Börse Frankfurt.

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