Rohstoffe: Auf Schnäppchenjagd

1. Juni 2011. FRANKFURT (Börse Frankfurt). Nach dem Preissturz Anfang des Monats kam es in der vergangenen Woche bei den Rohstoffen erstmals wieder zu einer breiten Verteuerung. „Ein Grund dafür ist, dass der Aufschwung des US-Dollar etwas nachlässt“, erklärt Rohstoffexperte Ole Hansen von der Saxo Bank. Ein höherer US-Dollar drückt in der Regel die Rohstoffpreise, da er ein Investment für Anleger aus dem Nicht-Dollar-Raum teurer macht. Unterstützt worden sind die anziehenden Notierungen Hansen zufolge außerdem durch die Anhebung der Ölpreisprognosen einiger Investmentbanken, aber auch durch die ungewöhnlichen Wetterbedingungen mit ihren Auswirkungen für die Ernten in China, Europa und den USA.

Das ganz große Thema sind nach wie vor die Edelmetalle. Der Silberpreis hat sich nach dem rapiden Absturz von knapp 50 auf rund 32 US-Dollar je Feinunze wieder etwas erholen können, Anfang Juni notiert Silber bei 38 US-Dollar. „Bei physisch hinterlegtem Silber kam es in der zweiten Woche in Folge zu hohen Zuflüsse“, meldet ETF Securities (WKN A0N62F) mit Blick auf die vergangene Woche. „Problematisch sind bei Silber allerdings die starken täglichen Preisschwankungen. Investoren, die sich mit Silber bereits die Finger verbrannt haben, zögern daher noch vor einem Wiedereinstieg“, räumt Hansen ein.

Gold mit Euro-Höchststand

Roelofs
Roelofs

Der Goldpreis hat unterdessen einen neuen Rekordstand erreicht – allerdings in Euro. In US-Dollar verharrt das Edelmetall immer noch unter dem historischen Hoch, heute müssen 1.533 US-Dollar je Feinunze gezahlt werden. Vielen ETC-Investoren wird die Sache aber offenbar langsam zu heiß: „Beim ETFS Physical Gold kam es zu Gewinnmitnahmen“, berichtet Bernardus Roelofs von Flow Traders (WKN A0N62G), bei Xetra-Gold (WKN A0S9GB) hätten allerdings noch die Zuflüsse überwogen. „Es ist interessant, dass es ausschließlich in Europa zu den Abflüssen aus börsengehandelten Gold-Produkten kam. In den USA hielten sich Zu- und Abflüsse in Gold-ETC die Waage“, bemerkt ETF Securities.

Kupfer ist zurück

Daneben legen sich Investoren auch gerne wieder Kupfer in Form des ETFS Copper (WKN A0KRJU) ins Portfolio. Laut ETF Securities gab es in der vergangenen Woche hohe Zuflüsse. Dessen Analysten nennen die sinkender Lagerbestände in China, Angebotsausfälle aufgrund von Streiks in chilenischen Kupferminen und die Erwartung, dass die Kupferimporte Chinas wieder anziehen, als Gründe. Durch den jüngsten Preisanstieg rutschte der ETC mit einem Plus von 4,6 Prozent auf Sicht von einem Monat wieder in die Gewinnzone, auf Sicht von drei Monaten sind aber noch Verluste von gut 10 Prozent zu verzeichnen.

Sei dem vergangenen Freitag können Anleger übrigens erstmals an der Entwicklung der Rhodium-Preise teilhaben. Die Deutsche Bank bietet jetzt einen physisch hinterlegten ETC auf das seltene Edelmetall (WKN A1KJHG)an, das vor allem in Fahrzeugkatalysatoren Einsatz findet. Innerhalb etwa einer Woche vor Emission war der Preis für Rhodium um rund 400 US-Dollar auf 2.450 gestiegen, liegt allerdings immer noch weit unter seinem Stand vom Frühling 2008 bei über 10.000 US-Dollar je Unze.

Preissprung beim Weizen

Hansen
Hansen

Daneben haben die Bäcker wieder einen guten Vorwand, um die Brötchenpreise anzuheben: Der Preis für Weizen ist aufgrund der Trockenheit in Europa und der starken Regenfälle in Teilen der USA nämlich Mitte Mai in die Höhe geschnellt. Aus Russland kam zuletzt allerdings die Nachricht, dass der Weizenexport womöglich wieder aufgenommen wird, wie die Saxo Bank bemerkt. „Da die Regierung davon ausgeht, dass die kommende Ernte rund 40 Prozent höher als letztes Jahr ausfallen wird, müssen die Lager frei geräumt werden“, erklärt Hansen. Flow Traders zufolge war die vergangene Woche daher eher von Abgaben bei Weizen-ETCs (WKN A0KRJ9) geprägt. Große Freude haben die ETCs Investoren in den vergangenen Monaten ohnehin nicht gemacht: Auf Sicht von drei Monaten verzeichnet der ETFS Wheat ein Minusrendite. Im Vergleich mit dem Juni des vergangenen Jahres kann er aber mit einem Plus von fast 20 Prozent aufwarten.

Abflüsse bei Öl und Gas

Der Ölpreis legte zuletzt zwar wieder etwa zu, vor allem für die Sorte Brent, die aktuell wieder zu knapp 117 US-Dollar je Barrel nach unter 110 US-Dollar zu Monatsanfang gehandelt wird. Beim ETFS Brent Oil (WKN A0KRKM) und dem ETFS WTI Oil (WKN A0KRKN) gab es in der vergangenen Woche allerdings Abflüsse, wie ETF Securities meldet. Hintergrund seien die auf eine Abschwächung hindeutenden jüngsten Konjunkturzahlen, aber auch die Tatsache, dass die Unruhen in Nordafrika und dem Mittleren Osten nicht mehr so im Fokus stünden. Der ETFS Brent Oil gehört dem Emittenten zufolge mit einem Plus von 21 Prozent allerdings nach wie vor zu den Top-Performern in diesem Jahr – noch vor dem ETFS Physical Silver. Bei Erdgas-Produkten überwogen zuletzt die Abgaben, wie Flow Traders ergänzt. Sowohl beim ETFS Natural Gas (WKN A0KRJ3) als auch beim gehebelten ETFS Leveraged Natural Gas DJ-UBSCI (WKN A0V9Y3) seien Investoren tendenziell ausgestiegen.

Kaufkraft bereinigt keine Rohstoffpreisrekorde

Die Rohstoffpreise sind zwar hoch, so hoch aber auch wieder nicht, merkt die Commerzbank im Übrigen an. Auf realer Basis, also kaufkraftbereinigt, ergibt sich den Analysten zufolge ein ganz anderes Bild: „So liegen die realen Rohstoffpreise in US-Dollar etwa auf dem Niveau von Mitte der 1980er Jahre und nur halb so hoch wie in den 1970er Jahren.“ Ende des 19. Jahrhunderts seien die Rohstoffpreise kaufkraftbereinigt etwa dreimal so hoch wie jetzt gewesen, wie der Economist Commodity Price Index anzeige. „Das heißt, die jetzigen Emerging Markets müssen für ihre Industrialisierung relativ weniger für Rohstoffe ausgeben.“ Das Niveau der Rohstoffpreise sei daher nicht das Problem, problematisch werde es erst, wenn der Anstieg zu rasch erfolge und dadurch mehr Kaufkraft absorbiert werde, als durch das Wirtschaftswachstum gewonnen werden könne.

© 1. Juni 2011 / Anna-Maria Borse