Roth:"Lagebesprechung 15"

Die Lage

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Roth

11. April 2013. FRANKFURT (Börse Frankfurt). Die Notenbanken geben weiter Vollgas. Die Bank of Japan hat gerade das angestrebte Inflationsziel auf 2 Prozent erhöht, möchte die Geldmenge bis Ende 2014 nahezu verdoppeln. Dafür wird sie in erster Linie Staatsanleihen im Wert von mehr als 7 Billionen Yen (56 Milliarden Euro) pro Monat aufkaufen. Ob diese Maßnahmen tatsächlich der Konjunktur nachhaltig helfen und zu einer höheren Inflation führen, ist sehr unsicher, selbst wenn sich in den letzten Monaten die wirtschaftlichen Stimmungsindikatoren aufgehellt haben. Die Federal Reserve kauft derzeit sogar in einem größeren Ausmaß Wertpapiere auf. Die zu erwartende Ausweitung der Geldbasen hat der Dollar-Yen-Kurs bereits mehr als vorweggenommen. Von einer fortgesetzten Yen-Schwäche ist daher nicht auszugehen. Das wiederum dürfte den Aktienmarkt Nippons bald abbremsen.

Die Kluft zwischen den Notenbanken wird größer: Während die Bank of Japan und die Fed in der Geldpolitik expandieren, plant die EZB – vorerst – keine zusätzlichen Liquiditätsimpulse. Das ist einer der Gründe für das enttäuschende Abschneiden der europäischen Börsen. Der Dax wirkte zuletzt aber schon wieder überverkauft. Das Urteil über die unterschiedliche Geldpolitik fiel an den Kapitalmärkten zunächst wie erwartet aus: Der Euro geriet unter Druck, der DAX gab seine zuvor erzielten Gewinne ab, während der Nikkei mal wieder als Gewinner aus dem Rennen ging.

So spielt der Rettungsansatz der EU im Falle Zyperns, Gläubiger und Sparer stärker zu beteiligen, Bundesanleihen in die Hände und festigt ihren Status als sicherer Anlagehafen. Dass die Anleger dies nicht als Blaupause für die großen Krisenländer nehmen, zeigt die relativ problemlose Refinanzierung von Spanien und Italien am Kapitalmarkt vergangene Woche. Damit scheint das Thema Zypern ausgestanden. Der Euroraum und insbesondere Spanien haben einen langen Reform- und Konsolidierungsprozess hinter sich, gerade im Vergleich zu den USA und Japan. Das konjunkturbereinigte Defizit wurde hier kräftig zurückgeführt. Auch wenn die jüngsten Konjunkturnachrichten eher durchwachsen ausgefallen sind, sollten sich die Erwartungen bestätigen, dass das Schlussquartal 2012 das schwächste war. Eine allmähliche Besserung ist bereits für das erste Quartal zu erwarten und zwar in Deutschland sowie im Euroraum. Einen Anfang dürften die Februar- und Märzdaten zur deutschen und europäischen Industrieproduktion machen. Die Frühindikatoren stellen ein leichtes Plus in Aussicht. Hingegen könnte in den USA dämpfend wirken, dass die Konsumenten nicht nachhaltig das Wachstum über eine sinkende Sparquote befeuern können. Die Berichtssaison beginnt mit Alcoa in den USA. Mögliche positive Impulse können von den US amerikanischen Unternehmen aber eher nicht erwartet werden.

Trend

Die Stimmung hatte sich vorübergehend merklich eingetrübt. Erst die unbeholfenen Versuche der EU in der Zypernkrise ans Geld der Sparer zu gelangen und dann die Signale der Notenbanken Japans und der USA die Geldschleusen weiter zu öffnen. Derartige Impulse stehen im Fall der EZB weiter aus und das enttäuschte Investoren zusätzlich. Berechtigt ist diese Kritik an den Währungshütern nicht, aber wenn das Kind zum Geburtstag nicht erhält was es sich wünschte, reagiert es manchmal verschnupft. So auch die Börsen. Besonders der Dax verlor im internationalen Vergleich merklich an Boden. Die Berichtssaison in den USA taugt wohl eher nicht für positive Impulse, aber die verbesserten Konjunkturindikatoren sollten sich langsam auswirken und müssten sich auch in der realen Wirtschaft bemerkbar machen. Die Korrektur kam schnell und schlug hart zu. Kurz und abrupt wird sie auch wieder vergehen. Da die Marke von 7600 Punkten im DAX gehalten hat, wird sich die Stimmung schnell wieder aufhellen und dann wird ein neuer Anlauf auf das Allzeithoch zeitnah erfolgen.

© 11. April 2013/Oliver Roth

* Oliver Roth ist der Kapitalmarktstratege der Close Brothers Seydler Bank AG, ein eigenständiges Tochterunternehmen der an der London Stock Exchange gelisteten Close Brothers Group plc, London. Mehr über Oliver Roth auf www.oliver-roth.de

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