2. November 2011. FRANKFURT (Börse Frankfurt). Die Erleichterung über die Einigung zur Rettung Griechenlands hat dem Euro nur kurzfristig zu mehr Stärke gegenüber den Hauptwährungen US-Dollar, Yen und Schweizer Franken verholfen. Gegenwind aus verschiedenen Richtungen setzt die Gemeinschaftswährung derzeit wieder unter Druck. Devisenanalysten befinden, dass die Schwäche an den Aktienmärkten und die zunehmende Risikoaversion der Anleger wirkten. Der Yen leide dagegen wegen der massiven US-Dollarkäufe der japanischen Zentralbank.
Euro mittelfristig stärker
Hellmeyer
Nur wenige Tage nach Verabschiedung der EU-Pläne zur Unterstützung Griechenlands ist die anfängliche Erleichterung im Markt einer zunehmenden Unsicherheit gewichen. Anleger würden sich fragen, wie die Griechen abstimmen werden. Folker Hellmeyer tippt auf ein Ja zu den EU-Rettungsplänen. „Die Beschäftigten Griechenlands wissen, dass sie mit einer Ablehnung zugleich ihre eigene Kündigung unterschreiben“, bemerkt der Devisenanalyst der Bremer Landesbank. Deshalb seien die Ergebnisse der jüngsten Meinungsumfragen kein Gradmesser für den Ausgang des nun anstehenden Referendums. Befrage man die Menschen heute, würden sie weniger emotional und mit mehr Sachlichkeit reagieren, ist Hellmeyer überzeugt. Deshalb ist für ihn die aktuelle Euroschwäche nur vorübergehend. In den kommenden Wochen werde es zunächst seitwärts vorangehen, bevor die Gemeinschaftswährung wieder an Fahrt gewinnen kann, sagt Hellmeyer voraus.
„In unserem Basisszenario gehen wir von einer Lösung der EU-Schuldenprobleme aus“, pflichtet Sintje Boie von der HSH Nordbank bei. Dies werde noch einige Zeit in Anspruch nehmen. Auch deshalb werde sich der Euro der Analystin zufolge erst gegen Ende des Jahres 2012 nachhaltig über die Marke von 1,40 gegenüber dem US-Dollar bewegen. Dem Euro bescheinigt Boije Stehvermögen. „Die Gemeinschaftswährung hält sich angesichts der aktuellen Bedrohung sehr wacker.“
Ein robustes Rettungspaket
Der vorliegende Rettungsfahrplan sei solide konzipiert und enthalte eine neue Qualität politischen Handelns, ist Hellmeyer überzeugt. „Die EU kann sich erstmals dem Thema Staatsschulden im Euroraum pro-aktiv annehmen“, erklärt der Analyst. Mit der Strategie zur Verringerung der Staatsschulden in den Mitgliedsländern sei Europa allen anderen Schuldenländern der Welt weit voraus. Insbesondere die Sorgenstaaten Irland, Portugal, Spanien und Italien machten überzeugende Fortschritte bei der Krisenbewältigung.
US-Dollar mit Schwächen
Im Vergleich zu Europa zeigten die USA nur wenig Ansätze zur Eindämmung der Schulden. Die US-amerikanische Notenbank habe zuletzt ein Beibehalten der Null-Prozent-Zinspolitik bis zum Jahr 2013 verabschiedet. „Bis dahin sollte die Europäische Zentralbank wieder im halbwegs normalen Fahrwasser schippern“, bemerkt Boie. Nicht zuletzt deshalb erwarte die Bremer Landesbank längerfristig eine Abschwächung des US-Dollar gegenüber den anderen Hauptwährungen mit Ausnahme des japanischen Yen.
Japan rudert gegen starken Yen
Beim Yen stellt sich Japan mit der größten Intervention am Devisenmarkt derzeit dessen Höhenflug entgegen. Mit massiven Eingriffen der Zentralbank soll die japanische Währung möglichst nicht unter 75 Yen gegenüber dem US-Dollar kosten, wie Boie berichtet. Damit werde die heimische Exportwirtschaft unterstützt, die unter dem starken Yen ächze. „Für Japan wird es ein Kraftakt, die Währung nachhaltig zu schwächen“, erklärt die Analystin. „In der Vergangenheit sind die Effekte derartiger Interventionen rasch wieder verpufft.“ Ein wesentlicher Grund dafür sei der große Markt für die japanische Währung. 19 Prozent der weltweiten Devisengeschäfte im vergangenen Jahr entfielen auf den Yen. Im Vergleich dazu komme der Schweizer Franken auf einen Marktanteil von lediglich 6 Prozent, wodurch der Franken leichter beeinflussbar sei als der Yen.
Am vergangenen Montag habe Japan im Zuge der dritten Intervention in diesem Jahr Yen im Wert von umgerechnet rund 100 Milliarden US-Dollar verkauft, um den Kurs zu drücken. Zudem gebe es ein Aufkaufprogramm für Staatsanleihen, um die Geldmenge zu erhöhen und die Landeswährung zu schwächen. Der Yen habe sich derzeit zwar bei 78 Yen je US-Dollar eingependelt. Bei weiteren Angstattacken an den Finanzmärkten bleibe die japanische Währung aber unter Aufwertungsdruck. Denn von den drei Hauptwährungen US-Dollar, Euro und japanischer Yen sei der Yen gegenwärtig das geringere Übel.
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© 2. November 2011/Iris Merker