Wochenausblick: Börsenampel springt auf Gelb

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5. Oktober 2015. FRANKFURT (Börse Frankfurt). Ein schwieriges Börsequartal ist jetzt abgeschlossen, statistisch häufig das schlechteste eines Aktienjahres. Der DAX verlor in der Zeit bei hoher Schwankungsbreite von 11.180 auf 9.553 Punkte. Das entspricht einem Minus von 14,5 Prozent. Ginge es allein nach dem saisonalen Muster, könnten Anleger jetzt aufatmen. Im vierten Quartal konnten Aktien in der Vergangenheit oft die stärksten Kurszuwächse verbuchen.

Richtungsänderung

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Reinwand

Für Markus Reinwand von der Helaba ist es dennoch zu früh, antizyklisch in die Offensive zu gehen. Zwar habe sich die zeitweilig überzogene Bewertung der Aktien inzwischen abgebaut. „Auf Basis der gängigen Kennziffern wie Kurs-Gewinn-Verhältnis, Kurs-Cash-Flow-Verhältnis, Kurs-Buchwert-Verhältnis und Dividendenrendite sind deutsche Standardwerte nun fair bewertet.“ Wirklich günstig seien sie in der Breite indes nicht. Der deutsche Aktienindex hat gegenüber dem Jahreshoch bislang etwa 24 Prozent abgegeben. Die Verluste in den Bärenmärkten hätten über einen durchschnittlichen Zeitraum von 19 Monaten seit den Sechzigerjahren gemittelt 41 Prozent betragen, wie Reinwand berechnet.

Als Bonus für den hiesigen Aktienmarkt sieht der Analyst die insgesamt robust gebliebene Wirtschaft. In Bärenzeiten ohne Rezession wie in den Jahren 1987, 1998 und 2011 sei der Rückgang mit durchschnittlich 37 Prozent zwar deutlich ausgefallen. „Nach rund vier Monaten war aber der Boden erreicht.“ Kurzfristig bestünde nach diesem Muster ein DAX-Abwärtsrisiko bis in den Bereich um 7.500 Punkte.

Auf mittlere Sicht stuft Reinwand die Chancen auf eine deutliche Erholung als gut ein. Es sei zwar vermutlich zu früh, um aufs Gaspedal zu treten. „Die Börsenampel ist aber von Rot auf Gelb gesprungen.“ Deshalb sei es an der Zeit, schon einmal die Handbremse zu lösen und den ersten Gang einzulegen!

Die wahren Helden sind die Mittelständler

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Halver

Im Vergleich zum deutschen Bluechip-Index hat sich der MDAX als Sammelbecken besonders konjunkturzyklischer Werte im vergangenen Quartal mit einem Rückgang von „nur“ 3,5 Prozent übrigens vergleichbar wacker geschlagen. „Der MDAX läuft dem Leitindex schon seit Jahren den Rang ab“, stellt Robert Halver von der Baader Bank fest. Das zeige, dass die deutsche industrielle Leitkultur für ausländische Investoren lebendig sei. Mittelständige Unternehmen seien häufig spezialisiert und besetzten in Nischenmärkten nicht selten die Position als Weltmarktführer. Sollten sich die vom ifo-Institut ermittelten Geschäftserwartungen weiter stabilisieren, bleibe dem MDAX vermutlich die relative Stärke erhalten. „Ende des Jahres ist dem MDAX ein Indexstand von 20.500 Punkten zuzutrauen“, prognostiziert Halver.

DAX-Bullen machen sich startklar

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Geyer

Aus technischer Sicht befindet sich der DAX nach Auffassung von Christoph Geyer immer noch in einem Abwärtstrend. Für den technischen Analyst der Commerzbank stehen die Chancen, dass dieser Trend gebrochen wird, aber gar nicht so schlecht. „So konnte zuletzt die Unterstützungslinie erfolgreich verteidigt werden.“ Selbst am Freitag, als die US-Arbeitsmarktdaten für Unsicherheit sorgten, sei diese Marke nicht mehr erreicht worden. „Die Indikatoren haben Kaufsignale generiert und Divergenzen gebildet.“ Saisonal bedingt stünde zudem einem freundlichen Jahresausklang wenig im Weg.

Auch die internationalen Märkte haben sich nach Beobachtung von Geyer in der vergangenen Woche auf niedrigem Niveau stabilisiert. „Offenbar suchen die Marktteilnehmer nach Unterstützungen und finden diese auch.“ Selbst schlechter als erwartet ausgefallene US-Arbeitsmarktdaten am Freitag hätten einem freundlichen Wochenschluss der US-Aktienmärkte nicht im Weg gestanden. Zum Wochenstart würden die europäischen Kurse voraussichtlich nachziehen.

Abwärtsrisiken bleiben

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Schmidt

Für Christian Schmidt bleibt das DAX-Potenzial auf der Oberseite begrenzt, während die Risiken auf der Unterseite hoch seien. „Zuletzt ist es dem DAX nicht gelungen, die sehr wichtige Strukturmarke bei 9.674 Zählern nachhaltig zu überwinden“, begründet der technische Analyst der Helaba. Zudem sei das deutsche Aktienbarometer an der Abwärtslinie eines fallenden Dreiecks gescheitert und habe eine lange schwarze Kerze ausgebildet. Bei einem Rutsch unter die Unterstützungszone von 9.360 bzw. 9.325 Punkten müssten Anleger nach Auffassung von Schmidt gar mit einer deutlichen Beschleunigung der Abwärtsbewegung rechnen.

Wichtige Konjunktur- und Wirtschaftsdaten

Mittwoch, 7. Oktober

Japan: Zinsentscheid der Bank of Japan Oktober. Die japanische als auch die britische Notenbank werden nach Meinung der HSBC-Analysten auf ihren jeweiligen Sitzungen wohl keine geldpolitische Weichenstellung vornehmen. Einer enttäuschenden Entwicklung der Produktion im Verarbeitenden Gewerbe stünde ein Anstieg der Kerninflationsrate von 0,9 auf 1,1 Prozent gegenüber, so dass auch mit Blick auf die kommenden Sitzungen nicht mit einer Lockerung der Geldpolitik zu rechnen sei.

Donnerstag, 8. Oktober

13.00 Uhr. Großbritannien: Zinsentscheid Bank of England Oktober. In Großbritannien habe sich auf der letzten Sitzung ein Mitglied des neunköpfigen Gremiums für eine Erhöhung des Leitzinses ausgesprochen. Mit Blick auf die weiter schwächelnde Weltkonjunktur sowie ersten Anzeichen einer leichten Abkühlung der Binnenkonjunktur rechnet die HSBC nicht mit einer Verschiebung der Stimmverteilung, wenngleich der Lohndruck mit 2,9 Prozent gegenüber dem Vorjahr auf den höchsten Stand seit sechs Jahren angezogen sei.

20.00 Uhr. USA: Veröffentlichung des Sitzungsprotokolls der Federal Reserve September. Nachdem die US-Zentralbank den Leitzins unverändert gelassen hat, haben nach Beobachtung der HSBC seitdem mehrere Mitglieder des Offenmarktausschusses darauf hingewiesen, dass dieses Jahr noch mit einer Zinserhöhung zu rechnen sei. Komme es beim in dieser Woche anstehenden ISM-Index für den Dienstleistungssektor zu einer Verschlechterung der Stimmung, dürfte es der US-Notenbank nach Ansicht der HSBC-Analysten schwer fallen, kurzfristig die gelpolitischen Zügel zu straffen.

von Iris Merker, Deutsche Börse AG
© 5. Oktober 2015