Wochenausblick: Keine Hoffnung auf Besserung

12. September 2011. FRANKFURT (Börse Frankfurt). Die Wolken über Griechenland ziehen sich immer weiter zusammen: Am Samstag gab der griechische Finanzminister bekannt, dass die Wirtschaft seines Landes in diesem Jahr nach neuesten Berechnungen nicht nur um 3,8, sondern um 5 Prozent schrumpfen wird. Presseinformationen zufolge prüft Bundesfinanzminister Schäuble nun Szenarien einer Staatspleite. Für die Börse sind das keine guten Nachrichten. Nach Ansicht von Oliver Roth von Close Brothers Seydler wird der Markt auch volatil bleiben. „Von Entwarnung kann noch keine Rede sein“, meint der Chefhändler. Ausbrüche nach unten seien nach wie vor möglich, das habe die vergangene Woche abermals gezeigt. „Zum Einsteigen ist noch zu früh.“

Ratten verlassen das sinkende Schiff

Die vergangene Woche war abermals extrem schwierig: Die Euro-Krise und die Angst vor dem Abrutschen in eine Rezession ließen Anleger weiter aus Risikoanlagen flüchten und in sichere Häfen umschichten. Als dann am Freitag bekannt wurde, dass EZB-Chefvolkswirt Jürgen Stark, Kritiker des Anleihen-Rückkaufprogramms, das Direktorium verlässt, brachen die Dämme vollends: Der DAX verlor auf Wochensicht über 6 Prozent. Gewinner waren wieder einmal deutsche Staatsanleihen: Die Rendite zehnjähriger Papiere rutschte am Freitag auf ein neues historisches Tief, heute morgen geht es weiter nach unten. Der Versuch der Schweizer Notenbank, mit einem Mindeskurs  hatte sich im Übrigen am Dienstag genötigt gesehen, den anhaltenden Höhenflug des Franken gegenüber dem Euro zu stoppen, ein Mindestkurs wurde festgelegt, eine Maßnahme, die bislang auch von Erfolg gekrönt war. Zum US-Dollar gab die Gemeinschaftswährung zum Ende der Woche allerdings kräftig nach, heute morgen sackte der Euro unter 1,36 US-Dollar ab.

Techniker befürchten nächsten Abwärtsschub


Geyer

Die Charttechnik gibt unterdessen wenig Grund zur Hoffnung: Laut Christoph Geyer von der Commerzbank haben die internationalen Märkte zum wiederholten Mal die Chance einer ausgeprägten Erholungsbewegung nicht genutzt. „Dafür hätte der DAX das zuvor hinterlassene Gap, also die Notierungslücke im Kursverlauf, mindestens schließen müssen, und der Dow Jones hätte den oberen Rand des Aufwärtskanals erreichen sollen“, erklärt der Analyst. Beide Indizes hätten diese Mindesterholungsziele aber nicht erreichen können. „Sie stehen nun vor dem nächsten, vielleicht finalen, Abwärtsschub.“

Abschwächung schon eingepreist?

Für die DekaBank ist die Konjunkturabschwächung allerdings schon eingepreist, das zeigten die Kurs-Gewinn-Verhältnisse, die weit unter ihren langjährigen Durchschnittsraten lägen. „Wenn es zu keiner globalen Rezession kommt, ergibt sich wieder Potenzial für die Aktienmärkte“, erklären die Analysten in ihren September-Prognosen. Für die nähere Zukunft rechnen sie zwar weiterhin mit mehr oder weniger zufälligen Schwankungen an den Märkten, je nach Nachrichtenlage aus Politik und Wirtschaft. Mittelfristig würden die Kurse aber von der konjunkturellen Entwicklung bestimmt, und da sei entscheidend, ob es zu einer erneuten Rezession oder zu einem freundlicheren zweiten Halbjahr komme. „Wir rechnen nach Lage der Indikatoren nach wie vor mit letzterem Szenario und damit mit einer Stabilisierung der Märkte.“

Wichtige Konjunktur- und Wirtschaftstermine

Mittwoch, 14. September

11.00 Uhr. EU: Industrieproduktion Juli. Die DekaBank erwartet gute Zahlen aus Deutschland und Frankreich und prognostiziert ein Plus von 1,5 Prozent gegenüber dem Juni.

14.30 Uhr. USA: Einzelhandelsumsatz August. Die Kauflaune der Konsumenten ist laut HSBC Trinkaus bereits in den vergangenen Monaten überschaubar gewesen, das habe sich wohl auch im August fortgesetzt: Nur dank des Sommerschlussverkaufs hätten sich Einzelhändler am Ende des Monats wahrscheinlich über 0,2 Prozent mehr Umsatz als im Vormonat gefreut.

14.30 Uhr. USA: Produzentenpreise August.

Donnerstag, 15. September

14.30 Uhr. USA: Verbraucherpreise August. Die Verbraucherpreise sollten im August erneut relativ kräftig um 0,3 Prozent gegenüber dem Vormonat zugelegt haben, meint die DekaBank. Die Benzinpreise seien wahrscheinlich gestiegen, ebenso die Lebensmittelpreise. Für die Kerninflation erwarten die Analysten eine Rate von 0,2 Prozent im Monats- und 1,9 Prozent im Jahresvergleich.

14.30 Uhr. USA: New York Empire State Index September. Der Einkaufsmanagerindex für den Distrikt New York notiere bereits seit drei Monaten im negativen Bereich und weise auf eine Kontraktion der regionalen Produktionsaktivität hin, bemerken Analysten von HSBC Trinkaus. Dies werde sich auch im September nicht ändern, der Index werde sich lediglich auf -5 Punkte stabilisieren. Der New York Empire State Index ist ein Maß für die aktuelle wirtschaftliche Lage und die Einschätzung der nächsten sechs Monate im produzierenden Gewerbe des Staates New York. Ein Wert über 0 signalisiert eine positive Wirtschaftsentwicklung, ein Wert unter 0 eine Verschlechterung.

15.15 Uhr. USA: Industrieproduktion August. Die US-Industrie befindet sich laut DekaBank weiterhin auf einem Wachstumspfad, wenngleich die Produktionsausweitung im August zumindest teilweise auf Sondereffekte zurückzuführen sei.

16.00 Uhr. USA: Philadelphia Fed Index September. Die rasante Stimmungseintrübung vom August wird sich laut HSBC Trinkaus im September nicht wiederholt haben, der Philly Fed-Index werde sich wohl auf -20 Punkte „normalisieren“. Der Index der Philadelphia Federal Reserve Bank zählt zu den wichtigsten Frühindikatoren für den US-Markt. Ein positiver Indexstand deutet auf eine weitere Expansion der US-Wirtschaft hin.

Freitag, 16. September

Großer Verfallstag an den Börsen („Dreifacher Hexensabbat“)

16.00 Uhr. USA: Verbraucherstimmung Uni Michigan September. Die DekaBank erwartet eine leichte Stimmungsverbesserung von 55,7 Punkten im August auf 56,5 im September. Der Index der University of Michigan basiert auf einer telefonischen Befragung von mindestens 500 Konsumenten in den USA. Das Verbrauchervertrauen ist ein Frühindikator für die künftigen Konsumausgaben.

© 12. September 2011/Anna-Maria Borse