Wochenausblick: Sicherheit sieht anders aus

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13. Juli 2015. FRANKFURT (Börse Frankfurt). Das Thema Griechenland wird die Märkte weiter auf Trab halten, auch wenn es bei den am Montagmorgen immer noch anhaltenden Verhandlungen der Staats- und Regierungschefs der Eurozone nach einem Kompromiss aussieht. Nach Einschätzung von Chris-Oliver Schickentanz von der Commerzbank würde eine Einigung zwar weiter marktberuhigend wirken, die Diskussionen seien dann aber nicht zu Ende. „In einigen Ländern müssen die Parlamente einem neuen Rettungspaket zustimmen.“

„Insgesamt kommt man zu der Erkenntnis, dass die Regierungschefs einen Grexit vermeiden wollen“, kommentiert die Helaba. Der Vorschlag von Bundesfinanzminister Schäuble für ein temporäres Ausscheiden Griechenlands habe gezeigt, wie tief gespalten die Eurozone sei.

Die Analysten weisen allerdings darauf hin, dass die zur Diskussion stehenden Spar- und Reformauflagen zum Teil deutlich weitreichender seien als die im Referendum abgelehnten, Tsipras müsse bis Mittwoch die Vorschläge im Parlament bewilligen lassen. „Auch wenn es noch zu einer Einigung kommen sollte: Der Reputationsverlust der Wirtschafs- und Währungsunion ist groß, und es gibt kein Vertrauen in den Reformwillen des griechischen Premiers.“ 

Langfristig schädlich

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Halver

Der Verbleib Griechenlands in der Eurozone wäre für die Renten- und Aktienmärkte kurzfristig zwar positiv, erklärt Robert Halver von der Baader Bank, Kollateralschäden für andere Euro-Länder würden vorerst ausbleiben. „Da damit aber unumkehrbar der Weg in die europäische Transferunion mit allen ihren wirtschaftshemmenden Effekten beschritten würde, werden die Euro-Aktienmärkte langfristig gegenüber denen in Amerika und Asien unterdurchschnittlich performen.“ Umgekehrt sei ein Grexit kurzfristig zwar irritierend, längerfristig aber eine „Düngung“ der Stabilitätsunion und ein „Nai“ – ein Ja – für den Wirtschaftsstandort Europa. „Der Grexit lieferte insofern Kaufargumente.“

Doch Griechenland ist nicht das einzige Thema, das zur Zeit die Märkte bewegt, auch der Kurseinbruch in China lässt Börsianer nicht kalt. An den chinesischen Festlandsbörsen ging es dank massiver staatlicher Eingriffe am heutigen Montag abermals nach oben, der CSI 300 mit den größten Werten vom Festland stieg um mehr als 2 Prozent. Der DAX notiert am Montagmorgen bei 11.457 Punkten rund 1,25 Prozent im Plus, vergangene Woche hatte er um 257 Zähler zugelegt auf 11.315,16 Punkte am Freitagabend.

Blick auf die Berichtssaison

In den Schatten gerät die beginnende Berichtssaison zum zweiten Quartal. Nach Ansicht von Markus Wallner von der Commerzbank dürften insbesondere deutsche Exportunternehmen wegen des schwachen Euro starke Ergebnisse präsentieren. Dieser Effekt werde die Auswirkungen des nachlassenden Wirtschaftswachstums in den Emerging Markets zumeist mehr als ausgleichen. Insbesondere in den Sektoren Automobil und Chemie könnten die Ergebnisse einzelner Unternehmen hiervon aber spürbar belastet werden. 

DAX ohne Eigenleben

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Geyer

„Die Marktteilnehmer sind derzeit zwischen Griechenland-Verhandlungen und chinesischen Marktturbulenzen im Abwärtstrend des DAX gefangen“, erläutert der technische Analyst Christoph Geyer von der Commerzbank. Die jüngste Erholungsbewegung in China und die Hoffnung auf eine Einigung mit Griechenland hätten den DAX in der zweiten Wochenhälfte wieder in die Nähe der oberen Trendkanalbegrenzung geführt. „Ein Ausbruch nach oben und damit eine Veränderung der technischen Lage waren damit aber nicht verbunden.“ Da beim DAX derzeit kaum von einem Eigenleben gesprochen werden könne, sei der Blick auf die weitere Entwicklung in Griechenland und in China gerichtet.

Laut Christian Schmidt von der Helaba ist es dem DAX mit den deutlichen Kursgewinnen der vergangenen Tage gelungen, eine Reihe von wichtigen Widerständen zu überwinden. „Folglich steht nun ein Test der wichtigen Strukturmarke bei 11.358 Zählern auf der Agenda.“ Im Erfolgsfall warte bereits bei 11.438 Punkten eine weitere richtungsweisende Hürde in Form des 61,8 Prozent-Retracements. „Spätestens dann wird sich zeigen müssen, ob der letzte Aufwärtsimpuls mehr als nur eine Erholungsbewegung war.“ Weitere Widerstände fänden sich bei 11.475 und 11.529, Unterstützungsmarken bei 11.287, 11.262 und 11.209 Zählern.

Wichtige Konjunktur- und Wirtschaftstermine

Dienstag, 14. Juli

11.00 Uhr. Deutschland: ZEW-Konjunkturerwartungen Juli. Angesichts der Unsicherheit um Griechenland ist im Juli bei den ZEW-Konjunkturerwartungen von einer weiteren Abwärtsbewegung auszugehen, meint die DekaBank. Dramatisch werde sie aber wohl nicht ausfallen, das liege an den weiterhin guten Rahmenbedingungen für die deutsche Konjunktur.

Mittwoch, 15. Juli

16.00 Uhr. USA: Halbjährliche Anhörung der Fed-Vorsitzenden vor dem US-Kongress. Sollten sich die Konjunkturdaten weiter verbessern und die Arbeitslosenquote bei 5,2 Prozent einpendeln, dürfte Yellen der Commerzbank zufolge in ihrem Bericht Hinweise auf eine Zinserhöhung im September geben.

Donnerstag, 16. Juli

13.45 Uhr. Eurozone: EZB Zinsentscheid. Laut DekaBank wird Griechenland wohl das beherrschende Thema der EZB-Ratssitzung werden. Präsident Draghi werde voraussichtlich potenzielle Ansteckungseffekte auf die Finanzmärkte anderer Eurostaaten beurteilen und die sich daraus ergebenden Abwärtsrisiken für die wirtschaftliche Entwicklung im Euroraum einschätzen müssen.

Freitag, 17. Juli

14.30 Uhr. USA: Verbraucherpreise Juni. Die Commerzbank geht von einem überdurchschnittlichen Anstieg um 0,3 Prozent gegenüber dem Mai aus. Hauptgrund hierfür seien die leicht höheren Benzinpreise. Ohne Energie und Nahrungsmittel rechnen die Analysten mit einem Anstieg um 0,2 Prozent. Das Risiko einer Deflation nehme damit weiter ab.

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von Anna-Maria Borse, Deutsche Börse AG
© 13. Juli 2015