Zertifikate-Trends: Blick Richtung Athen

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15. Juli 2015. Frankfurt (Börse Frankfurt). Über Langeweile können sich Zertifikate-Händler weiter nicht beklagen. „Griechenland bestimmt alles“, fasst Christian Glaser von der BNP Paribas zusammen. „Im Grunde gibt es zwei Themen: Griechenland und – wegen des Übernahmeangebots – die K+S Aktie“, berichtet Atakan Sahin von der ICF Bank. Laut Simon Görich von der Baader sorgten zudem noch China und der dortige Einbruch am Aktienmarkt für Diskussionsstoff.

Hohe Volatilität, hohe Umsätze

Die Ausschläge im DAX in den vergangenen Wochen waren jedenfalls groß, der Index schwankte um rund 1.000 Punkte zwischen 10.653 und 11.636 Zählern. Die Volatilität, gemessen am VDAX-New, kletterte Ende Juni sogar auf ein Dreijahreshoch von über 30 Prozent.

Die Umsätze sind Sahin zufolge wegen der anhaltenden Unsicherheit und hohen Volatilität weiter „sehr erfreulich“, auch Görich spricht von einem überdurchschnittlichen Handelsaufkommen. „Ein Sommerloch gibt es bislang nicht“, kommentiert Glaser. Wie der Deutsche Derivate Verband meldet, lagen die Börsenumsätze in Zertifikaten an den Börsen Frankfurt und Stuttgart im Juni bei 4,4 Milliarden Euro, ein Anstieg um 16,2 Prozent gegenüber dem Vormonat. Dabei hätten Anlageprodukte 43,6 Prozent vom Handelsvolumen ausgemacht, Hebelprodukte 56,4 Prozent. 

Mal Bulle, mal Bär

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Sahin

Im Mittelpunkt des Interesses standen einmal mehr DAX und Euro Stoxx 50 als Basiswerte. „In Sachen Griechenland hangeln wir uns immer noch von Tag zu Tag, die Anleger springen kurzfristig auf jeden Trend und auf jede Nachricht auf, um sich kurze Zeit später wieder um 180 Grad zu drehen“, schildert Sahin. Mittlerweile fänden sich die meisten auf der Long-Seite. „Agiert wird so, als wäre das Gröbste überstanden.“ Auch Görich berichtet von Positionierungen je nach Nachrichtenlage. „Alles steht und fällt mit Griechenland.“

Glaser zufolge haben sich Anleger nach dem Referendum und vor dem am Sonntag geschlossenen Kompromiss mit Zertifikaten nach unten abgesichert, jetzt seien Investoren aber leicht optimistisch. „Ganz traut man dem Braten aber noch nicht, man bleibt in den Startlöchern.“ Gekauft werde etwa ein Call-Optionsschein auf den DAX mit Basispreis 11.500 und Bewertungstag am 18. September 2015 (WKN PA3FL9).

Am liebsten mit Hebel

Die gehebelten Produkte bleiben besonders beliebt, wie die Umsatzstatistik der Börse Frankfurt für die vergangenen vier Wochen zeigt: Auf dem ersten Platz steht zwar ein klassischer DAX-Tracker (WKN 709335), abgesehen davon finden sich aber vor allem mehrfach gehebelte Produkte unter den umsatzstärksten Zertifikaten, etwa sechs- und achtfach gehebelte Faktor-Zertifikate der Deutschen Bank auf den DAX (WKN DX6DAX, DB8DAX), ein zwölffach gehebeltes Produkt auf den DAX von Vontobel (WKN VZ9L12) sowie vier- oder zehnfach gehebelte Faktor-Zertifikate von der Commerzbank auf den DAX-Future (WKN CZ24ZM, CR468T).

Fokus auf K+S

Christian Glaser
Christian Glaser

Auch der Crash am chinesischen Aktienmarkt hierlässt seine Spuren. „Die deutschen Trader setzen aber kaum direkt auf den chinesischen Markt, das ist angesichts der sich nicht überschneidenden Handelszeiten auch schwierig“, bemerkt Glaser. Zudem sei der chinesische Markt stark reglementiert. Geschaut werde vielmehr auf die Auswirkungen auf deutsche Unternehmen, vor allem die Autobauer, deren Exporte nach China leiden könnten.

Unter den Einzelwerten belegt Daimler den ersten Platz auf der Umsatzstatistik der Börse Frankfurt für die vergangenen 30 Tage. Dann folgt aber schon K+S. „Bei K+S wird die Übernahmewahrscheinlichkeit mit 60 Prozent gespielt“, meldet Sahin. Sehr mutige Anleger kauften Calls. Wie Ende Juni bekannt wurde, will der kanadische Düngemittelhersteller Potash den deutschen Konkurrenten übernehmen.

Ölpreisrückgang erwartet

Anders als im Vormonat wird der Euro-Bund-Future von Zertifikate-Anlegern nicht mehr groß beachtet. Nach dem deutlichen Einbruch seit April bewegt sich der Indikator für langfristige Zinserwartungen seit einigen Wochen seitwärts um 151 Punkte. Mehr interessiert der Euro: Die Gemeinschaftswährung zeigt sich, trotz der Turbulenzen um Griechenland, weiter stabil und wird aktuell zu 1,10 US-Dollar gehandelt – deutlich oberhalb des Tiefs unter 1,05 US-Dollar im März.

Noch mehr los war allerdings bei Öl. Das hat sich zuletzt wieder verbilligt und kostet aktuell 58 US-Dollar je Barrel der Nordseesorte Brent. „Viele Anleger gehen jetzt davon aus, dass durch das gestern geschlossene Atomabkommen mit dem Iran ein weiterer Produzent auf den Markt kommt und das Überangebot nochmals steigen wird“, meint Glaser. Gesetzt werde daher auf fallende WTI- und Brent-Preise (WKN PS5ASR, PS5ASN).  

von Anna-Maria Borse, Deutsche Börse AG,
© 15. Juli 2015