Anleihen: Beliebter Euro-Bund-Future

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20. November 2015. FRANKFURT (Börse Frankfurt). Auf die zunehmenden Risiken vonseiten der Terrororganisation Islamischer Staat reagieren Anleger mit dem Kauf von als sicher geltende Staatsanleihen Deutschlands und der anderen Euroländer. Bei gleichmäßigem Rückenwind ging es mit dem Euro-Bund-Future stetig nach oben. Auf Wochensicht gewann das hiesige Rentenbarometer von 156,71 auf 158,03 Prozent hinzu. Zehnjährige deutsche Staatsanleihen werfen damit eine Rendite von 0,48 Prozent ab.

„Die Märkte reagierten nach den Anschlägen in Frankreich dennoch relativ bedacht“, beschreibt Sabine Tillmann von der Hellwig Wertpapierhandelsbank. Auch Robert Halver erkennt bei Anlegern ein dickeres Fell: „Terror verursacht an den Finanzmärkten nicht mehr die Panik, die noch nach nine eleven zu beobachten war“, urteilt der Analyst der Baader Bank. Zwar habe der US-Dollar zugelegt, allerdings sei diese Tendenz auch vorher schon zu beobachten gewesen. „Selbst der früher noch sehr krisensensible Ölpreis zeigt sich kaum beeindruckt.“

Draghi kaum zu stoppen

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Hellmeyer

Nach der heute getroffenen Unterstreichung von EZB-Präsident, alles in seiner geldpolitischen Macht stehende zu tun, die Inflation im Euroraum anzukurbeln, geht Arthur Brunner von der ICF Bank davon aus, dass am 3. Dezember voraussichtlich der Einlagensatz verringert wird.

„Selbst überraschend gute Daten aus der Eurozone wird Super Mario in der kommenden Woche nicht stoppen können“, vermutet auch Folker Hellmeyer von der Bremer Landesbank. Damit rücke die EZB immer weiter von ihrem Grundauftrag ab, die Geldpolitik nur solange wie nötig Wachstum fördernd zu gestalten. Hellmeyer kann Draghis Verweis auf eine niedrige Kerninflation nicht nachvollziehen. 1,1 Prozent bei steigender Dynamik sei kein Besorgnis erregender Zustand.

Mit homöopathischen Schritten voran?

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Brunner

Nach dem langatmigen Verwirrspiel „Ich erhöhe die Zinsen, ich erhöhe sie nicht“ muss aus Halvers Sicht auch Fed-Präsidentin Yellen auf der nächsten Notenbanksitzung Farbe bekennen. „Selbst wenn es aus konjunktureller bzw. Inflationssicht kaum einen Anlass für eine Zinserhöhung gibt, wird sie aus Glaubwürdigkeitsgründen wohl dennoch im Dezember vollzogen.“

Hellmeyer erwartet Zinsschritte in lediglich akademischer Größenordnung. Statt der gewohnten 0,25 Prozent stehe aktuell der halbe Satz von 0,125 Prozent im Raum. „Eine Zinswende, die per Definition aus mehreren aufeinander folgenden Zinserhöhungsschritten von 0,25 Prozent besteht, ist damit nun auch offiziell vom Tisch“, urteilt der Analyst der Bremer Landesbank. „Stattdessen soll es eine enge Orientierung an den zukünftigen Konjunkturdaten geben, die bei positiver Entwicklung weitere Schritte möglich machen.“ Eine Absenkung des Zinsausblicks im Dezember bei gleichzeitiger Zinserhöhung zeigt nach Meinung von Hellmeyer, wie sehr die Federal Reserve vom Marketing getrieben wird, während ihr gleichzeitig die Luft ausgeht.

US-Dollar-Anleihen beliebt

Vor dem Hintergrund gegensätzlicher Geldpolitik registriert Brunner erhöhte Nachfrage nach US-Dollar-Anleihen. „Anleger rechnen damit, dass der Greenback nach der ersten Zinserhöhung an Boden gewinnt.“ Gleichzeitig locke die höhere Verzinsung der US-Bonds.

Griechische Staatsanleihen erholen sich

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Daniel

Hellas-Bonds wurden von den Kunden der Walter Ludwig Wertpapierhandelsgesellschaft in Summe abgestoßen, wie Gregor Daniel meldet. Stellvertretend für den gesamten Bestand stünde etwa eine in 2012 begebene und bis 2027 laufenden Anleihe (WKN A1G1UE) zur Disposition.

Hingegen spricht Klaus Stopp von steigender Nachfrage etwa nach einem zehnjährigen griechischen Bond (WKN: A1G1UC), der mit 77 Prozent ein Zwölfmonatshoch erreichte. Gleichzeitig fielen die Renditen unter 7,0 Prozent. „Nachdem sich die Regierung in Athen am Dienstag mit den internationalen Geldgebern auf weitere Hilfszahlungen geeinigt hatte, zogen die Kurse griechischer Staatsanleihen an“, registriert der Händler der Baader Bank.

Bonds von Mittelständlern in Bewegung

Den Handel mit Unternehmensanleihen beschreibt Daniel als eher ruhig. Ein Langläufer der größten deutschen Fluggesellschaft (WKN A161YP) mit Fälligkeit im Jahr 2075 sei nach wie vor beliebt und würde in beide Richtungen gehandelt. Der Kurs der mit jährlich 5,125 Prozent Zinsen und von der Lufthansa in 2021 kündbaren nachrangigen Hybridanleihe stieg auf Wochensicht von 102,85 auf 103,15 Prozent.

Anhaltend hohe Nachfrage verbucht Brunner für zwei VW-Anleihen (WKNs A1ZE21, A1VCZP), die sich analog zur Aktie des krisengeschüttelten Autokonzerns in dieser Woche erholt haben. „Mit der zusätzlichen Liquidität aus dem Brückenkredit in Höhe von 20 Milliarden Euro kann VW nach Meinung vieler Anleger auch ein Worst-Case-Szenario abfedern“, begründet der Händler.

Spürbares Interesse sowohl auf der Kauf- als auch Verkaufsseite gibt es Brunner zufolge für eine im September 2017 fällig werdende Travel24.com-Anleihe (WKN A1PGRG), die in den vergangenen fünf Handelstagen von 38,65 auf 40 Prozent zugelegt hat. „Optimisten erhoffen sich eine Verdoppelung des sehr spekulativen Wertes innerhalb von zwei Jahren.“

Von Iris Merker, Deutsche Börse AG
© 20. November 2015