Auslandsaktien: Japan – Längst überfällige Erholung oder neue Blase?

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16. Mai 2013. FRANKFURT (Börse Frankfurt). An den internationalen Aktienbörsen herrscht Jubelstimmung. Der US-Leitindex Dow Jones hat im vergangenen halben Jahr über 20 Prozent gewonnen, der DAX fast ebenso viel. Verglichen mit der japanischen Börse sind das jedoch nur „Peanuts“: Immerhin steht beim Nikkei-225 im gleichen Zeitraum ein Plus von fast 70 Prozent zu Buche – Mitte dieser Woche wurde erstmals seit fünf Jahren die Marke von 15.000 Punkten überschritten. Der Grund dafür liegt in der aggressiven Konjunktur- und Geldpolitik von Ministerpräsident Shinzo Abe und der damit einhergehenden starken Abwertung der japanischen Währung.

„Nach dem Tsunami und der Katastrophe in Fukushima ist das ganze Land auf den wirtschaftlichen Ruin zugesteuert. Dazu kommt der starke Wettbewerb aus China, der schwelende Inselstreit und die massive Staatsverschuldung. Das Einzige, was die Regierung in dieser Situation zu Konjunkturförderung machen konnte, ist den Yen abwerten. Das kurbelt den Export an und beschafft den Unternehmen Liquidität, die dann wieder investiert werden kann“, erläutert Walter Vorhauser von Close Brothers Seydler. Im Gefolge geldpolitischer Lockerungen hat der Yen in den zurückliegenden sechs Monaten zum US-Dollar fast 30 Prozent an Wert verloren.

Von Blasenbildung keine Rede

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Vrbsky

Eine erneute Blasenbildung, wie in den achtziger Jahren, als der Nikkei auf fast 40.000 Punkte anstieg, sieht Vorhauser aktuell nicht. „Der starke Kursanstieg ist mehr eine Trotzreaktion auf das, was politisch die ganze Zeit unterdrückt wurde. Es war absehbar, dass das so kommt“, erklärt der Market Maker. Allerdings habe der Nikkei nun bereits viele Erwartungen an die konjunkturelle Entwicklung und die kommende Berichtssaison vorweggenommen. „Der Nikkei könnte schon noch ein bisschen weiter hochlaufen, insgesamt ist das Risiko für Enttäuschungen aber gestiegen.“

Auch Jan Vrbsky von der Baader Bank hält es für verfrüht, an eine neue japanische Blase zu denken. „Die Notenbank druckt ja nicht blind neues Geld. Es ist offenbar verstanden worden, dass die Strukturen in der Wirtschaft gelockert werden müssen. Außerdem machen sich die Konjunkturmaßnahmen bereits in den Wirtschaftsdaten bemerkbar“, kommentiert der Händler.

Laut den heute veröffentlichten Daten der japanischen Regierung ist das Bruttoinlandsprodukt des Landes im ersten Quartal deutlich stärker gewachsen als erwartet. Zwischen Januar und März lag die Wirtschaftsleistung demnach 0,9 Prozent höher als Ende 2012, im Vergleich zum Vorjahreszeitraum wuchs die Wirtschaft sogar um 3,5 Prozent. „Ob die Erholung langfristig ist, hängt aber von der Bereitschaft der Unternehmen zu Investitionen ab. Diese gingen nun schon das fünfte Quartal infolge zurück.“

Sony vor Zerschlagung?

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Vorhauser

Hauptprofiteure der Währungsabwertung sind die Exportwerte. Neben den Aktien von Automobilherstellern sind das vor allem Technologietitel, also die Papiere großer Elektronikkonzerne wie Sony und Panasonic. „Diese Unternehmen leiden seit einiger Zeit aber nicht nur unter der Konjunkturschwäche, sondern auch unter dem starken Wettbewerb am Elektronikmarkt. Vor allem das Geschäft mit Fernsehern und die Unterhaltungselektroniksparten schwächeln – sowohl der Preisdruck aus China als auch eine sinkende Nachfrage spielen dabei eine Rolle“, erläutert Vorhauser. Meldungen über geplante Restrukturierungen und Neuausrichtungen fungieren daher branchenweit als Kurstreiber.

So etwa bei Sony (WKN 853687): „Der US-Hedge-Fonds und Sony-Großaktionär Third Point hat die Zerschlagung des Elektronikkonzerns und die Auslagerung der Unterhaltungselektroniksparte gefordert. Das hat die Aktie am Mittwoch um mehr als 11 Prozent nach oben getrieben“, meldet Vorhauser. Der Hedge-Fonds hält einen Anteil von 6,5 Prozent an Sony und erwartet durch eine Zerschlagung des Unternehmens eine Aktienkurssteigerung um rund 60 Prozent. Sony hatte für das Ende März abgeschlossene Geschäftsjahr den ersten Gewinn seit fünf Jahren gemeldet. Allerdings schrieb das Kerngeschäft mit Verbraucherelektronik weiterhin rote Zahlen, während die Unterhaltungssparte zu einer wichtigen Stütze geworden ist. Nach rund 13,90 Euro am Montag kostet die Aktie mittlerweile 15,55 Euro.

Panasonic mit neuem Dreijahresplan

Auf eine Aufspaltung spekulieren Anleger laut Vorhauser auch beim Sony-Wettbewerber Panasonic (WKN 853666). „Der Bildschirm- und Kamerahersteller hat zuletzt einen neuen Dreijahresplan aufgestellt, der auch den Komplettverkauf des gesamten Personalgeschäfts in Betracht zieht. Das kommt bei Anlegern ebenso gut an wie die Ergebnisaussichten“, weiß der Händler. Dank Umstrukturierungen und der Abwertung des Yen könnte das Unternehmen im laufenden Jahr den Ausstieg aus der Verlustzone schaffen. Die Aktie ist von rund 5,50 Euro Ende vergangener Woche auf aktuell knapp 6,80 Euro gestiegen.

Pioneer verkauft eigene Anteile

Ähnlich stark aufwärts ging es in den vergangenen Handelstagen für die Pioneer-Aktie (WKN 857040), wie Vrbsky berichtet. Der japanische Konzern ist neben Automobil- und Unterhaltungselektronik unter anderem für DJ-Equipment bekannt. „Jetzt hat Pioneer eigene Aktien an Mitsubishi Electronics (7,6 Prozent) und an den Telekomanbieter Docomo (7 Prozent) verkauft.“ Das Unternehmen wolle mit den Erlösen neue Auto-Navis und Verkehrsleitsysteme entwickeln. Der Markt hat diese Pläne mit einem Kursplus von rund 40 Prozent honoriert. Im Hoch kostete die Aktie diese Woche rund 2,30 Euro, aktuell notiert sie bei 2 Euro.

Olympus konsolidiert Kamerageschäft

Auch der vor gut anderthalb Jahren wegen eines Bilanzskandals in die Schlagzeilen geratene Kamerahersteller Olympus (WKN 856840) versucht sich zu verschlanken. „Vor allem die Digitalkameraproduktion wird rigoros gestrafft. Olympus will sich auf weniger Modelle konzentrieren und eine Fabrik in China schließen“, erklärt Vrbsky. Angesichts des für Export- und Elektronikwerte aktuell sehr günstigen Marktumfeldes würden auch diese Pläne am Markt sehr positiv aufgenommen: Allein in den vergangenen beiden Tagen hat das Papier um gut ein Fünftel auf aktuell 23,88 Euro zugelegt.

© 16. Mai 2013/Karoline Kopp

Unternehmen Branche Land WKN
Sony Corp. Technologie Japan 853687
Panasonic Corp. Technologie Japan 853666
Pioneer Corp. Technologie Japan 857040
Olympus Corp. Technologie Japan 856840