Auslandsaktien: Raus aus den Kinderschuhen

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2. April 2015. FRANKFURT (Börse Frankfurt) In kaum einem Bereich haben Anleger in den vergangenen Jahren so viel verdient wie in der Biotechnologiebranche. Die Übertreibungs-Szenarien in Bezug auf Biotechaktien seitens der Fed-Vorsitzenden Janet Yellen schrecken Anleger dennoch wenig. Zuwächse des Nasdaq Biotechnology Index von rund 12 Prozent in drei Monaten, 41 Prozent in einem Jahr und 275 Prozent in fünf Jahren sprechen für sich.

Für ein Engagement in Biotech-Unternehmen brauchen Investoren starke Nerven. Die Aktien unterliegen unter anderem aufgrund vieler Unwägbarkeiten bis zu einem marktreifen Produkt häufig großen Schwankungen. Die Notierungen hängen an Erfolgen oder Misserfolgen meist langwieriger klinischer Studien und Zulassungen.

Anzeichen von Preisrivalität

Die ganz fetten Jahre könnten allerdings gezählt sein. Hersteller neuartiger und teurer Medikamente kämpfen insbesondere in den USA neuerdings um Marktanteile. Im Rahmen einer Vertriebsvereinbarung gewährte AbbVie (WKN A1J84E) der US-amerikanischen Apothekenkette Express Scripts (WKN A1JWJL) erstmals deutliche Rabatte auf dem eben erst zugelassenen Kombinationspräparat Viekira zur Behandlung von Hepatitis-C. Das Konkurrenzprodukt Sovaldi von Gilead Sciences (WKN 885823) sei zwar gleichzeitig aus dem Sortiment geflogen. Für Sovaldi gibt es im Gegenzug aber eine exklusive Vereinbarung mit der Drogeriekette CVS (WKN 859034), vermutlich ebenfalls zulasten der Margen. Branchenkenner gehen davon aus, dass dieser Preisdruck auch in anderen Medikamentenklassen Schule machen wird.

Das Alter versüßen

Michael Arras von der Oddo Seydler sieht dennoch ausreichend Luft nach oben für Aktien der Zunft. Die Geschäfte stünden anders als früher heute auf einem soliderem Fundament. So manches Biotechnologie-Unternehmen verzeichne bereits hohe Gewinne. Zudem sei die Forschungstätigkeit dank des Durchbruchs in der Gentechnologie auf einem ganz anderen Niveau. „Biotech-Firmen könnten die Antworten auf die großen Herausforderungen unserer Zeit liefern.“ Für alternde Bevölkerungen gelte es, Krankheiten wie Krebs und Alzheimer in den Griff zu bekommen. Dafür befände sich bereits etliches in der Pipeline.

Man dürfe nicht vergessen, wie jung die Branche noch ist, und wie viele Produkte bereits erfolgreich eingesetzt werden. „20 bis 30 Jahre sind in der Medikamentenentwicklung nichts.“ Alteingesessene Pharmakonzerne bräuchten in Einzelfällen bis zu 45 Jahren bis zu einem marktfähigen Präparat. “ Biotech-Firmen hätten Traditionsunternehmen gegenüber zudem den Vorteil der Fokussierung auf Forschung und Entwicklung. „Mit ihrer vergleichsweise kleinen Personaldecke sind sie in der Lage, flexibel auf veränderte Rahmenbedingungen zu reagieren.“

Teurer Franken bremst Swatch

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Vorhauser

Rekordumsätze gab es für den Schweizer Uhren- und Schmuckkonzern Swatch (WKN 865126) im abgelaufenen Geschäftsjahr. Mit seinen 20 Marken, darunter wohlklingende Namen wie Breguet, Omega, Longines und Tissot, habe der weltgrößte Uhrenkonzern 2014 so viel Geld eingenommen wie nie zuvor. „Die Gewinne fielen mit 1,8 Millionen Franken allerdings rund ein Viertel geringer aus als im Vorjahr“, weiß Walter Vorhauser von Oddo Seydler. Der Aktienkurs des Unternehmens hat seit Jahresbeginn von 364 auf 391 Euro zugelegt. An den Stand von knapp 445 Euro vor zwölf Monaten könne die Aktie nicht anknüpfen.

Das Asien-Geschäft, mit dem die Swatch Group rund 50 Prozent ihres Umsatzes erwirtschafte, laufe dank einer wachsenden Mittelschicht blendend. Allerdings bekomme auch Swatch Chinas Antikorruptions-Bemühungen zu spüren. Das drücke die Umsätze mit Hongkong, der Exportregion Nummer eins. Rund ein Drittel der Waren für China liefen über Hongkong. „Die hohen Lagerbestände könnten ein Indiz für ein anhaltend schwaches Geschäft in der Region sein.“

Hoffnungsvolles Alzheimer-Mittel

Ein Top-Performer der Branche ist Biogen Idec (WKN 789617). Der Aktienkurs des US-Unternehmen hat sich seit Anfang 2013 auf aktuell 380 Euro mehr als verdreifacht. In der Spitze lag der Wert bei 447 Euro. „Das neue MS-Tecfidera gegen Multiple Sklerose entpuppt sich als Blockbuster“, bemerkt Arras. Hoffnungsvolle Ergebnisse gebe es zudem in einer Studie, die den Wirkstoff BIIB037 untersucht. Die Ergebnisse deuten auf eine stärker als erwartete Verlangsamung des Voranschreitens von Alzheimer. Sollten sich die ersten Ergebnisse bestätigen, habe das Mittel das Zeug dazu, eines der größten medizinischen Durchbrüche der vergangenen Jahre zu werden.

Cholesterinsenker sollen Kassen füllen

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Stadler

Eindrucksvoll ist auch der Anstieg der Aktie von Amgen (WKN 867900). Seit Januar 2013 steht ein Plus von 67 auf derzeit 145 Euro zu Buche. Das entspricht einem Anstieg von rund 116 Prozent. Beim weltgrößten Biotech-Konzern laufen die Geschäfte rund. Laut Arras hat Amgen im vergangenen Geschäftsjahr mehrfach die Jahresprognose angehoben. Treiber des rasanten Wachstums seien der Verkauf neuer Medikamente wie das Arthritis-Mittel Enbrel. „Amgen hat zudem etliche Mittel in der Forschungsphase eins bis drei. „Viel versprechend sind Medikamente zur Behandlung von Stoffwechselerkrankungen inklusive eines hohen Cholesterinspiegels.“

Erste Liga für europäische Unternehmen

Überwiegend auf der Erfolgswelle schwimmen auch europäische Biotech-Werte, wie Roland Stadler von der Baader Bank bemerkt. Die Performance von Schweizer Unternehmen Basilea (WKN A0B9GA), Molecular Partners (WKN A12DEH), Actelion (WKN 936767) oder wie Santhera (WKN A0LCUK) könnte sich beispielsweise sehen lassen.

Santhera habe sich innerhalb kurzer Zeit vom Pleitekandidaten zum Börsenliebling gewandelt. Der Aktienkurs der Biotech-Schmiede ist im Vergleich zum Januar 2013 auf das 27-fache angestiegen. Für ein Umsatzplus im vergangenen Geschäftsjahr habe unter anderem der Verkaufsschlager Roxane gesorgt. Nach einer negativen Zulassungsempfehlung der europäischen Arzneimittelbehörde für Raxone Augenleidens LHON sei nun erneut ein Antrag in Europa anhängig, wobei die französische Arzneimittelbehörde eine temporäre Zulassung erteilt habe. Zudem erreichte Raxone positive Ergebnisse in einer Phase-III-Studie gegen den Muskelschwund DMD. Eine Phase-II-Studie zum Einsatz der Anwendung gegen eine spezielle Ausprägung von multipler Sklerose sei in den USA auf den Weg gebracht worden.

von Iris Merker, Deutsche Börse AG
© 2. April 2015