Devisen: Schweiz stoppt Franken-Höhenflug

7. September 2011. FRANKFURT (Börse Frankfurt). Skifahrer mit einer Vorliebe für die Schweizer Alpen können frohlocken: Dem Höhenflug des Krisengewinners Franken wurde gestern radikal Einhalt geboten. Die Schweizer Nationalbank (SNB) legte einen Mindestkurs von 1,20 zum Euro fest und kündigte an, unbeschränkt Devisen kaufen zu wollen, sollte der Euro unter diese Marke abrutschten. Analysten hatten schon lange die an der Kaufkraft gemessen starke Überbewertung des Franken beklagt. „Das ist nicht nur spektakulär, da es eine offizielle Abwendung von dem Credo des freien Marktes ist, sondern es ist bezüglich der Motive ehrenvoll, und es ist sachlich angemessen“, finden Folker Hellmeyer und Stephan Beilke von der Bremer Landesbank.


Hellmeyer

Chancen auf schwächeren Franken gut

Die Gemeinschaftswährung kletterte nach der Erklärung von knapp 1,11 Franken je Euro auf 1,22, auch heute hält sich der Eurokurs über 1,20 Franken. Vor vier Wochen hatte der Franken fast die Parität zum Euro erreicht, schwächelte danach aber etwas und setzte im September zu einem neuerlichen Anstieg an. „Die SNB begründet den Eingriff mit der akuten Bedrohung für die Schweizer Wirtschaft und dem Risiko einer deflationären Entwicklung“, erläutern Ralf Umlauf und Christian Apelt von der Helaba. Wenn die SNB ihre Strategie ohne Rücksicht auf Volumina umsetze, sei die Erfolgschance hoch – zumal sie offensichtlich auch von der Politik Rückendeckung erhalte. „Damit ist die Situation nicht vergleichbar mit dem Bemühen der Bank von England zu Beginn der 90er Jahre, das Pfund im EWS zu halten.“ Die britische Notenbank habe nämlich nur ein begrenztes Volumen an Devisenreserven zur Verfügung gehabt. Analysten weisen aber auch auf die Risiken hin. „Es impliziert, dass der Umlauf an Schweizer Franken unter Umständen aggressiv erhöht wird. Das kann mittel- und langfristig zu inflationären Tendenzen führen“, erklärt die Bremer Landesbank.

Krisenkommentare belasten Euro


Apelt

Das, wie die Helaba formuliert hatte, „Gleichgewicht des Schreckens“ zwischen Euro und US-Dollar setzte sich im August zwar noch fort, das Währungspaar wurde in einer Spanne von 1,41 bis 1,45 US-Dollar je Euro gehandelt. Mit dem Beginn des Septembers zeigt die Gemeinschaftswährung aber auch gegenüber dem Greenback deutliche Schwächeanzeichen. Zum einen kamen die wenig überzeugenden Sparanstrengungen der Italiener und eine unplanmäßige Abreise der IWF-Inspektoren aus Griechenland nicht gut an. Darüber hinaus schürten IWF-Chefin Lagarde, Deutsche Bank-Chef Ackermann und KfW-Chef Schröder mit kritischen Äußerungen zum Zustand der Bankensysteme die Ängste. Gestern fiel der Euro nach der Intervention der Schweizer Nationalbank sogar unter die Marke von 1,40 US-Dollar, aktuell wird er zu 1,4056 US-Dollar gehandelt.

Schlechte Aussichten für Gemeinschaftswährung

„In diesem Umfeld ist am Donnerstag sicher nicht mit einer Leitzinsanhebung der EZB zu rechnen“, meinen die Analysten der HSH Nordbank. Einige Ratsmitglieder könnten sogar deutlich ihre Sorgen über die Anspannungen im Bankensektor kundtun, was dann wohl als Indiz für neue Liquiditätshilfen interpretiert werden könne. „Ein baldiges Ende des Abwertungsdrucks auf den Euro ist daher nicht auszumachen.“ Auch Ulrich Leuchtmann von der Commerzbank geht davon aus, dass die Neuausrichtung der EZB-Zinspolitik die Gemeinschaftswährung in den kommenden Monaten zusätzlich belasten könnte.
 

Christian Apelt von der Helaba findet es angesichts der Probleme in Europa erstaunlich, dass sich der Euro noch einigermaßen stabil hält. „Vermutlich wird der Euro zum Jahresende weiterhin um 1,40 US-Dollar notieren. Aber die Risiken für eine zumindest zeitweilige Euro-Schwäche sind erheblich gewachsen.“ Die Konjunkturdaten aus der Eurozone überraschten mittlerweile negativer als die aus den USA, zudem sei der Zinsvorsprung des Euro kräftig geschmolzen. „Der Finanzsektor hat vor allem in der Eurozone Probleme, die Risikoaufschläge notieren hier deutlich höher als in den USA.“

Japan mit Sorgen wie Schweiz

Nicht nur die Schweiz, auch Japan leidet unter einer starken Währung. Seit April geht es für den japanischen Yen immer weiter aufwärts. Mittlerweile müssen nur noch knapp 109 Yen für den Euro gezahlt werden, vor fünf Monaten waren es noch fast 123 Yen. Interventionen der japanischen Notenbank blieben bisher ohne nachhaltigen Erfolg, gleiches gilt für Versuche, verbal gegen den Anstieg vorzugehen. „Genützt hat’s wie üblich wenig“, kommentiert die HSH Nordbank mit Blick auf die jüngste Aussage des japanischen Finanzministers Azumi, gegen spekulative Aufwertungen vorgehen zu wollen.

Norwegische Kronen beliebt

Der Schritt der Schweizer Nationalbank führte aber auch zu Kursausschlägen in anderen Bereichen des Finanzmarktes. „Beispielsweise wertete die norwegische Krone stellvertretend für den Franken auf“, wie die Commerzbank feststellt. Die Skandinavienwährung hat nach einem anhaltenden Zickzackkurs in diesem Jahr seit Mitte August gegenüber dem Euro klar zugelegt, aktuell kostet ein Euro 7,51 norwegische Kronen, vor zwei Wochen waren es noch über 7,86. Ähnliches gilt für die schwedische Krone. Das britische Pfund könne sich nicht entscheiden, ob es angesichts neuer Unsicherheiten eher zu den schwachen oder doch zu den stärkeren Währungen gehört, meint Apelt. „Die Kursausschläge im Euro-Pfund-Kurs halten sich wohl vorerst in Grenzen.“


© 7. September 2011/Anna-Maria Borse