ETFs: Die Leinen los

5. Juli 2011. FRANKFURT (Börse Frankfurt). Der vergangenen Mittwoch brachte die Wende: Nach der Billigung des Sparpakets in Athen wagen sich Investoren wieder aus der Reserve und kaufen Aktien-ETFs, Händler berichten einhellig von einem Käuferüberhang. Gleichzeitig geraten die zuletzt umsatzstarken Renten-ETFs wieder ins Hintertreffen. Dabei sind die Umsätze insgesamt gut.

„Von einer Sommerflaute ist nichts zu spüren“, kommentiert Frank Mohr von der Commerzbank. „Die Kauflaune ist wieder da“, meint auch Bastian Ohta von der Unicredit Group und meldet große Kauforder. „Die Institutionellen kommen wieder rein.“ Auf das abgeschlossene erste Halbjahr blickt Mohr zufrieden zurück. Die Diskussionen über die Risiken von ETFs hätten keine Spuren bei den Umsätzen hinterlassen. „Die Anleger fragen zwar, sie wollen die Risiken kennen“, ergänzt er. Doch wenn sie informiert würden, kauften sie auch.

Dividendentitel wieder auf der Erfolgsspur


Ohta

Anders als in den vergangenen Wochen sind Aktien-ETFs mittlerweile wieder en vogue – was angesichts der guten Stimmung an den Börsen nicht verwundert. Fünf Tage in Folge konnte der DAX Gewinne erzielen, die vergangene Woche schloss er mit einem satten Plus von 4,2 Prozent ab. Auch heute stehen die Ampeln auf Grün.

Die Bilanz der ETF-Händler fällt allerdings durch die skeptische Haltung vor der erlösenden Abstimmung noch nicht so eindeutig aus. Laut Commerzbank hielten sich bei DAX- (WKN ETF001, 593393) und Euro Stoxx-Trackern (WKN 593395) Käufe und Verkäufe in etwa die Waage, nur bei USA-ETFs wie dem MSCI USA (WKN 794358) seien Anleger überwiegend eingestiegen. Verstehen kann Mohr dies angesichts der Probleme in den USA nicht unbedingt. „Offenbar werden Möglichkeiten zu Diversifizieren gesucht.“ Mark Schönbrodt von der DekaBank zufolge konzentrierte sich das Interesse auf europäische Standardwerte wie den ETFlab Euro Stoxx 50 (WKN ETFL02). „Da war die Nachfrage noch reger als nach DAX-Indexfonds.“ Auch Stoxx 600-Tracker seien gut weggegangen (WKN DBX1A7), ebenso Russell 2000-ETFs (WKN A0Q8NE) mit US-amerikanischen Nebenwerten. Abgestoßen worden seien hingegen ETFs mit Technologiewerten (WKN 593397). Bastian Ohta sieht den Schwerpunkt des Anlegerinteresses ebenfalls auf Euro Stoxx 50-ETFs. „Wir haben durchweg Käufe gesehen“, meint Ohta.

Banken-ETFs können Boden gutmachen


Hamme

Auch bei den Sektor-ETFs brummt der Handel. „Die Anleger sind eingestiegen, schon bevor der Markt in der vergangenen Woche hoch ging“, erklärt Gregor Hamme von der Unicredit Group. Speziell ETFs mit Bank- (WKN A1JFG7), Grundstoff- (WKN A0F5UK) und Automobilaktien (WKN LYX0AN) hätten Zuspruch gefunden. „Bei den Banken-Indexfonds deckten sich die Anleger schon vor der Abstimmung in Griechenland ein, sie erwarteten wohl eine Erholungsrallye“, meint Hamme. Banken-ETFs hatten durch die Griechenland-Krise deutlich Federn lassen müssen. Etwa setzte der iShares Euro Stoxx Banks (WKN 628930) im Februar zu einer anhaltenden Talfahrt an, hat mittlerweile seine Verluste auf Sicht von sechs Monaten aber wieder ausgleichen können und liegt leicht im Plus. Die Beliebtheit der Automobilaktien erklärt Hamme sich mit den guten Nachrichten der Automobilkonzerne: „Die Branche boomt. Die Absatzzahlen in den USA stiegen zuletzt, Audi will die Preise anheben, einige Autobauer verkürzen die Werksferien.“ Laut Schönbrodt war das Bild hingegen gemischt, bei der Grundstoffindustrie (WKN DBX1SB, A0F5UK) sei es zu Zuflüssen, bei Gesundheits- (WKN A0REJ2), Bank- (WKN A0F5UJ) und Autoaktien (WKN A0RPR0) hingegen zu Abflüssen gekommen. Mohr meldet einen leichten Käuferüberhang bei den Autowerten (WKN LYX0AN) und deutliche Abgaben bei Gesundheits- (WKN 628933) und Versicherungsaktien. „Bei den Grundstoff-ETFs dominierten die Abgaben etwas“, ergänzt der Market Maker.

Bei Emerging Markets lieber keine Einzelrisiken

In Bezug auf die Schwellenländer heißt es derzeit: Raus aus einzelnen Ländern, rein in breit gestreute  Emerging Markets-Produkte. „Die Anleger wollen Diversifikation“, erklärt Stefano Valenti von der Unicredit Group. Nicht zuletzt die drohende Insolvenz Griechenlands lasse Investoren vor Länderschwerpunkten zurückschrecken. „ETFs zu türkischen, polnischen und osteuropäischen Indizes werden wegen der Griechenland-Krise verkauft“, erläutert der Händler (WKN LYX0AK, A1H8EL, A0F6BV). Doch auch von konkreten Fernost-Engagements wollten Anleger derzeit nichts wissen, Indexfonds mit taiwanesischen und koreanischen Aktien würden ebenfalls abgestoßen (WKN A0HG2K, A0HG2L). Dagegen punkteten breite Schwellenländer-Indexfonds (WKN LYX0BX, A0HGZT). Die Berichte der anderen Händler passen ins Bild: Die DekaBank hat Abgaben beim Lyxor MSCI AC Asia ex Japan (WKN LYX0AB) und beim iShares MSCI Eastern Europe (WKN A0HGZV) registriert, die Commerzbank sieht Abflüsse aus ETFs mit russischen Unternehmen (WKN LYX0AF). Bei den breiten Emerging Markets-Fonds spricht Frank Mohr von einem leichten Übergewicht der Käufer.

Deutsche Staatsanleihen verlieren in der Gunst

Die Flucht in deutsche Staatsanleihen ist unterdessen zu Ende gegangen. Der richtungsweisende Euro-Bund-Future, der vor zwei Wochen noch ein Jahreshoch erreicht hatte, sackte nach Billigung des Sparpakets in Griechenland ab, die Rendite zehnjähriger Bundesanleihen kletterte wieder über 3 Prozent. „Wir hatten zuletzt weniger Umsätze mit Renten-ETFs“, meldet Frank Mohr. In den Vorwochen hatten die Händler zum Teil deutlich über dem Durchschnitt liegende Volumina mit Renten-Indexfonds verzeichnet, vor allem deutsche Langläufer galten als Kassenschlager. Auch in den Umsatzlisten der Börse Frankfurt für die vergangenen fünf Handelstage sind die Staatsanleihen-ETFs von den oberen Rängen wieder nach unten gerutscht. Auf die gesamte Woche gerechnet gab es allerdings noch mehr Käufe, wie die DekaBank berichtet, etwa beim ETFlab Deutsche Börse EuroGov Germany 1-3 (WKN ETF018), beim ETFlab Deutsche Börse EuroGov Germany 3-5 (WKN ETFL18) und beim iShares eb.rexx Government Germany 2,5-5,5 (WKN 628948). Rentenfonds mit Unternehmensanleihen wie der ETFlab iBoxx Euro Liquid Corporates Diversified (WKN ETFL37) seien hingegen unbeliebt gewesen.

© 5. Juli 2011/Anna-Maria Borse