16. März 2011. FRANKFURT (Börse Frankfurt). Die Schreckensnachrichten aus Japan reißen nicht ab und sorgen für Ausverkaufsstimmung bei den Börsianern. Nach den dramatischen Kurseinbrüchen der vergangenen Tage hat sich die Lage an den internationalen Aktienmärkten zur Wochenmitte zwar wieder etwas entspannt, die Angst vor einer nuklearen Katastrophe sorgt aber für weiter für Unsicherheit. Charttechniker tun sich mit Prognosen schwer. „Niemand kann vorhersagen, was kommt. Dementsprechend sind je nach Nachrichtenlage weitere Kursausschläge in beide Richtungen möglich. Die Volatilität wird vorerst hoch bleiben“, kommentiert ein Analyst. Aus Sicht einiger Techniker deutet die jüngste Chartformation jedoch bereits eine erneute Erholung an.
DAX startet in mittelfristige Stabilisierungsphase
Wurm
Nach Ansicht von Sophia Wurm hat sich die technische Verfassung des DAX in den vergangenen Tagen deutlich verschlechtert. „Aus mittelfristiger technischer Sicht hat der DAX seinen idealtypischen Hausse-Trend aus dem September 2010 mit einem Gewinnmitnahme-Signal sowie mehreren Trading-Verkaufssignalen direkt in eine technische Korrektur verlassen. Das bedeutet mehr als 10 Prozent Kursverlust ausgehend vom Kurstopp bei 7.442 Punkten“, erklärt die Analystin der Commerzbank und geht davon aus, dass der deutsche Aktienmarkt nun eine mittelfristige Stabilisierung – begleitet von weiterhin hoher Volatilität – etablieren sollte. Eine untere Begrenzungsmarke sieht Wurm auf dem Niveau der steigenden 200-Tage-Linie, die sich aktuell bei 6.580 Punkten befinde. Zudem habe sich aus der Seitwärtsbewegung von April 2010 bis September 2010 eine ausgeprägte Unterstützungszone im Bereich zwischen 5.800 bis 6.386 Zählern ergeben.
Tiefstand schon gesehen?
Szola
Auch Karen Szola sieht ein deutlich eingetrübtes Chartbild beim DAX. Nach Einschätzung der technischen Analystin für Euro am Sonntag und finanzen.net könnte der Index den Tiefstand aber bereits gesehen haben. „Grund für diese Annahme liefern sowohl das Kurslücken-Muster als auch die kurzfristigen Trading-Indikatoren, die ihre überverkauften Extremzonen erreicht haben und bereits an einem Dreh nach oben arbeiten. Zudem besteht auf dem Level der 200-Tage-Linie, die als markante Unterstützung fungiert, eine Stabilisierungschance. Dieser Umstand war auch zwischen Mai und August 2010 zu beobachten“, analysiert Szola. Im Falle eines Bruchs allerdings liege die nächste Zielzone im Bereich von 6.387 und 6.340 Punkten. Die nachfolgenden Haltezonen macht die Technikerin bei rund 6.230 und 5.809 Punkten aus. Auf Jahressicht bleibt Szola optimistisch und hält ein neues Allzeithoch und Überschießen für möglich.
Temporäre Erholung wahrscheinlich
Staud
Wieland Staud, technischer Analyst und Geschäftsführer von Staud Research, geht zwar nicht davon aus, dass der Aktienmarkt in den vergangenen Tagen schon seinen Tiefstand erreicht hat. Die gestern begonnene Erholung sollte sich nach seiner Einschätzung aber erst einmal fortsetzen. „Wir haben zwei Gaps hintereinander gesehen, inklusive einer Trendumkehr. Nach dieser Chart-Formation ist eine temporäre Erholung am wahrscheinlichsten.“ Die entscheidende Frage sei jedoch, was danach kommt. „Das war ein unmittelbarer Abbruch ohne Vorwarnsignale, der tiefe Spuren hinterlassen wird. Der Markt wird nun erst einmal eine Orientierungsphase durchlaufen. Wie es dann weiter geht, bleibt abzuwarten.“
Optimistische Anleger
Die Anlegerstimmung hat sich im Vergleich zur Vorwoche verbessert. Zu diesem Ergebnis kommt zumindest die aktuelle Sentimenterhebung der Börse Frankfurt bei 300 aktiven Investoren.
Das Bullenlager beim DAX legt im Vorwochenvergleich um 4 Prozent der Befragten zu, beim TecDAX sogar um 6 Prozent. Damit dominieren die Bullen den Markt deutlicher. Der Bull/Bear-Index für DAX-Aktien steigt in dieser Woche damit von 62,2 auf 65,6 Prozent. Beim TecDAX haben 7 der Prozent der Befragten ihre neutrale Position aufgegeben und sind in den Markt gegangen – mit 6 Prozent mehrheitlich auf die Long-Seite. Den Bull/Bear-Index für Technologiewerte bringt dies auf 65 Prozent.
Der Bull/Bear-Index misst das Maß an Optimismus im Markt. Dafür werden die Optimisten ins Verhältnis zu den Pessimisten gesetzt und mit den neutral Gestimmten gewichtet. Werte unter 50 Punkte zeigen eine pessimistische Gesamtstimmung der Anleger. Was es bedeutet, können Sie ab 17 Uhr bei www.boerse-frankfurt.de/sentiment lesen.
© 16. März 2011 / Karoline Kopp