Peeters: "Die Angst vor dem September macht Angst"

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Peeters

6. September 2013. FRANKFURT (Börse Frankfurt). Wer dieser Tage Einschätzungen zum Aktienmarkt für die nähere Zukunft durchliest, erfährt eine Menge über potentielle Risiken, die für einen probaten Einbruch der Indizes sorgen können. Die mögliche Eskalation in Syrien wird oftmals genannt und auch die schon länger schwelende Angst vor einer Zinswende taucht immer wieder auf. Die anstehende Bundestagswahl wird selten positiv reflektiert, vielmehr stehen auch hier die Ängste vor höheren steuerlichen Belastungen im Mittelpunkt. Genauso steht im Raum, dass die Bundestagswahl ursächlich für eine Geheimhaltung neuer Belastungen aus Südeuropa ist und erst nach der Wahl dem Steuerzahler die wahre Rechnung für die neuerliche Rettung südeuropäischer Peripheriestaaten auf den Tisch gelegt wird. Weitere „Problemzonen“, die auf dem Parkett rumgereicht werden, sind die nicht mehr ganz so günstige Bewertung nach der starken Kursentwicklung der Vorjahre, eine neues „Fiscal Cliff“ in den USA und die jüngst stärkeren Verwerfungen in einigen Emerging Markets.

Über Chancen und weiteres Aufwärtspotential hingegen wird ausgesprochen wenig reflektiert. Kaum jemand findet momentan einen Trigger, weshalb die Märkte in näherer Zukunft durchstarten werden. Genau genommen sucht noch nicht einmal jemand nach dem Auslöser für die nächste Stufe nach oben. Woran liegt diese übertrieben anmutende Vorsicht?

Der Blick auf den Kalender gibt die Antwort. Der September ist angebrochen und der Spätsommer und der Herbst sind tatsächlich Phasen, die auf dem Börsenparkett mit Vorsicht zu genießen sind. In der Tat liefert der September statistisch gesehen eine dürftige Performance und der Oktober hat sich mit einer Vielzahl markanter Crashs ins Gedächtnis der Anlegerschaft eingebrannt.

Diese Gespenster bekommen Anleger nicht aus dem Kopf und entsprechend vorsichtig agieren sie. Flankiert wird dies von einer Finanzpresse und Marktstrategen, die gleichermaßen darauf bedacht sind, den diesjährigen, vermeintlich obligatorischen Kursrutsch im Herbst rechtzeitig anzukündigen. Da ist es in der Tat nicht mehr weit bis zu der viel umschriebenen „self-fulfilling prophecy“.

Fundamental und ganz nüchtern betrachtet gibt es keinen wirklichen Grund, dass der Herbst schlechter läuft als etwa der Sommer. Aber Börse ist nun mal am Ende des Tages eine Gleichung aus Liquidität und Psychologie und wenn keiner kaufen will, weil alle Angst haben, spiegelt sich dies an den Märkten wieder.

Somit bleibt nur das abschließende Fazit, dass die kommenden Wochen in der Tat potentiell „gefährlich“ sind. Zwei Aspekte sollten Anlegern jedoch durchaus etwas Mut machen:

  • Erstens ist üblicherweise ein gesundes Maß an Pessimismus im Markt gut für das Sentiment und viel besser zu werten als etwa breite Euphorie. 
  • Zweitens waren historisch die Einbrüche im Herbst im Nachhinein sehr oft gute Kaufgelegenheiten. Somit ließe sich selbst einem Crash etwas Positives abgewinnen, wenn man nicht bereits voll investiert ist.

von Roger Peeters, Close Brothers Seydler Research AG
© 6. September 2013

*Roger Peeters ist Vorstand der Close Brothers Seydler Research AG, einer Tochter der Frankfurter Wertpapierhandelsbank Close Brothers Seydler Bank, einer auf mittelständische Unternehmen fokussierte Bank. Zuvor leitete Peeters viele Jahre die Redaktion der „Platow Börse“ und beriet den von ihm konzipierten DB Platinum III Platow Fonds. 2008 erschien von ihm ‚Finde die richtige Aktie – ein Profi zeigt seine Methoden‘ im Finanzbuchverlag. Peeters schreibt regelmäßig für die Börse Frankfurt.

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