Rohstoffe: Goldpreis vor Abkühlung?

14. September 2011. FRANKFURT (Börse Frankfurt). Gold über alles – so hieß es noch bis Anfang der vergangenen Woche. Die Sorgen um eine Pleite Griechenlands und Rezessionsängste ließen die Anleger in Massen in Gold flüchten, das Edelmetall kletterte auf ein neues Allzeithoch von 1.920,25 US-Dollar je Feinunze. Mittlerweile hat sich der Wind aber gedreht, trotz anhaltender Unsicherheiten und extrem nervöser Märkte. „In den vergangenen Wochen haben wir gesehen, dass in Gold umgeschichtet wurde, sobald es bei den Aktien bergab ging“, bemerkt Florian Perini von Flow Traders. Letzte und diese Woche hätte man eine ähnliche Bewegung erwarten können, der Goldpreis habe aber nachgegeben. „Dies hat mit dem stärkeren US-Dollar zu tun. Trotz des Beinahe-Zahlungsausfalls der USA scheinen US-Staatsanleihen und der US-Dollar als einigermaßen sichere Häfen zu gelten.“ Gold wird heute zu 1.832 US-Dollar je Feinunze gehandelt.

Gold zieht nicht mehr bei allen


Perini

Bei den ETCs kam es zuletzt netto zwar noch zu Zuflüssen in Gold-Produkten, von Ansturm kann aber keine Rede mehr sein. Flow Traders meldet Käufe und Verkäufe etwa beim db Physical Gold Euro Hedged (WKN A1EK0G), beim ETFS Physical Gold (WKN A0N62G), bei Xetra Gold (WKN A0S9GB) und beim Gold Bullion Securities (WKN A0LP78). Beim ETFS Short Gold (WKN A0V9X0) hätten Käufe überwogen – ein Zeichen dafür, dass viele mit einem rückläufigen Preis rechnen. Gehebelte Produkte kamen unterdessen noch gut an, wie ETF Securities beobachtet hat: Der ETFS Leveraged Gold (WKN A0V9YZ) habe in der vergangenen Woche mit fast zehn Millionen US-Dollar die höchsten Zuflüsse auf Sicht von drei Jahren verzeichnet. Darüber hinaus meldet der Emittent starkes Interesse an Silber- und Platin-ETCs, und zwar solche mit physischer Hinterlegung (WKNs A0N62F, A0N62D).

Experten sehen anhaltende Goldpreishausse


Siegel

Nach Einschätzung vieler Rohstoffexperten ist der Höhenflug des Goldes noch nicht zu Ende. „Die Anleger haben schlicht keine Alternative zu Gold“, meint Martin Siegel, Rohstoffexperte und Berater bei der Stabilitas Fonds GmbH. „Sowohl die Inflation als auch die Geldmenge steigen. Immobilien, Anleihen oder Tagesgeld sind in diesem Umfeld keine vergleichbar attraktive Option.“ Auch an den Aktienmärkten sei die Verunsicherung, trotz zahlreicher unterbewerteter Titel, groß. Laut Armin Geier vom Finanzportal BörseGo hätten die Anleger zwar vor kurzem einen Vorgeschmack darauf bekommen, wie schnell die Party vorbei sein könne – im August war der Goldpreis nach der Erhöhung der Sicherheitsleistungen für spekulative Goldgeschäfte nämlich innerhalb von 48 Stunden um 200 US-Dollar eingebrochen. „Und dennoch sprechen die noch immer ungelösten Krisenherde zumindest mittel- bis langfristig für einen weiteren Goldpreisanstieg.“

Durchwachsenes Bild bei Kupfer & Co

Für Industriemetalle sind sinkende Wachstumsraten keine guten Nachrichten. So erlitten Kupfer, Zink und Nickel Anfang August einen heftigen Einbruch, konnten sich dann aber wieder etwas erholen. Flow Traders meldet ein mittlerweile gemischtes Bild bei den Industriemetall-ETCs wie dem ETFS Industrial Metals (WKN A0KRKG), dem ETFS Aluminium (WKN A0KRJS) und dem ETFS Copper (WKN A0KRJU). Auch bei Öl ging es nach einem heftigen Einbruch in der ersten Augusthälfte wieder aufwärts, aktuell wird ein Barrel der Sorte Brent zu 112 US-Dollar gehandelt. Die Stabilität des Ölpreises findet Perini vor dem Hintergrund der turbulenten Börsen im Übrigen beachtlich. „Auch eine negative Nachfrageprognose der Opec hat die Preise nicht sonderlich belastet.“ Öl-ETCs werden auf beiden Seiten gehandelt (WKNs A0KRJX, A0V9YX, A0V9XY).

Kaffee: Raketenhafter Anstieg

Zuspruch fanden zuletzt die Agrarrohstoffe, Flow Traders berichtet von einer guten Nachfrage nach dem marktbreiten ETFS Agriculture (WKN A0KRKB), aber auch nach Weizen- und Zucker-ETCs (WKNs A0KRJ9, A0KRJ8). Einen rasanten Anstieg erlebte im August Kaffee, der Preis kletterte innerhalb kurzer Zeit von unter 2,34 auf über 2,90 US-Dollar je Pfund, der ETFS Coffee (WKN A0KRJT) wartet auf Sicht von einem Monat mit einem Plus von fast 16 Prozent auf. „Während in Brasilien hohe Temperaturen der Ernte schaden könnten, steht Vietnam wohl vor einer Rekordernte“, berichtet Ole Hansen von der Saxo Bank. Sein Fazit: Die Rallye wird sich wohl nicht fortsetzen. „Sobald Röstereien in den kommenden Monaten mit frischer Ernte beliefert werden, dürfte sich der Preis wieder stabilisieren.“

Gute Perspektiven für Maispreis

Auch Mais bereitete Anlegern zuletzt viel Freude, der ETFS Corn (WKN A0KRJV) legte in den vergangenen vier Wochen um über 6 Prozent zu. „Zu trockenes Wetter in den US-amerikanischen Hauptanbaugebieten für Mais und die bevorstehende Hurrikan-Saison dürften das Ergebnis der Maisernte 2011 verhageln“, erklärt Nico Popp von BörseGo. Die Nachfrage bleibe derweil mindestens gleich hoch – gute Aussichten für steigende Preise. Mittelfristig könne es beim Maispreis zwar immer wieder Korrekturen nach unten geben, auf lange Sicht sprächen fundamentale Gründe aber wohl für weiter steigende Kurse.

© 14. September 2011/Anna-Maria Borse