Kubanek
DAX-Sentiment
16. März 2011. FRANKFURT (Börse Frankfurt). Ein Erdbeben am anderen Ende der Welt und schon ändert sich alles. Am Freitag bebte die Erde in Japan und forderte mindestens 10.000 Menschenleben. Das alleine hatte allerdings noch nicht den entscheidenden Einfluss auf die weltweiten Aktienmärkte. Was der Öffentlichkeit – und auch den Investoren – drei Tage später Sorgen bereite, ist die drohende Atomkatastrophe. Weltweit steht Atomenergie nun zur Debatte. Die Bundeskanzlerin hat in Reaktion auf die Gefahren in Japan zu Beginn der Woche sieben heimische Kraftwerke abschalten lassen. An den globalen Aktienmärkten zogen sich die Marktteilnehmer aus den Aktien von Energieversorgern zurück.
Der DAX geriet durch die massiven Verkäufe im Energiesektor kräftig ins Wanken. Dagegen ließ die Diskussion über die Zukunft des Atomstroms den kleinen Bruder TecDAX nahezu kalt. Binnen Wochenfrist machte dieser gerade mal einen Verlust von 3,1 Prozent. Grund dafür ist offenbar die „Sonderstellung“ des TecDAX: Er enthält immer noch einen Gutteil Solaraktien, die davon profitieren, dass die Bundesregierung die Verlängerung der Laufzeit der Atomkraftwerke ausgesetzt hat. Gestern legten die Papiere von Conergy beispielsweise um mehr als 100 Prozent zu. Dabei wurde der Solarsektor bereits Ende letzten Jahres für tot erklärt.
Aber trotz der Kursrallye sind die TecDAX-Anleger noch verhältnismäßig gelassen geblieben – zumindest die mittelfristig orientierten, wie aus der jüngsten von der Börse Frankfurt erhobenen Sentimenterhebung hervorgeht. Unser Bull/Bear-Index ist zwar erneut gestiegen und hat das höchste Niveau seit Mitte Januar erreicht. Von der Hochstimmung zu Beginn des Jahres ist er allerdings noch weit entfernt. Die Investoren sehen vermutlich momentan einfach eine gute Kaufgelegenheit für Unternehmen aus dem Bereich Erneuerbare Energien. Wahrscheinlich werden es jedoch die fossilen Brennstoffe sein, die den Energiebedarf abdecken sollen. Solange die Abkehr von der nuklearen Stromversorgung aber noch im Gespräch ist, werden sich die Vermögensverwalter vermutlich weiterhin mit Werten aus dem Bereich Nachhaltige Stromerzeugung eindecken – und sei es nur, um die eigenen Kunden zu beruhigen und ihnen unter Beweis zu stellen, dass man auf die aktuellen Ereignisse reagiert.
Letztendlich sind die Auswirkungen der Katastrophe in Japan auf die Weltwirtschaft noch nicht genau absehbar. Zwar mussten auch einige japanische Unternehmen starke Schäden hinnehmen und die Produktion einstellen. Inwiefern die Lieferketten in anderen Ländern betroffen sind, ist noch nicht vollständig geklärt. Fest steht allerdings, dass sie betroffen sind. Auch die Chip-Industrie wird sich voraussichtlich auf negative Folgen des Bebens einstellen müssen. Rund 30 Prozent der Flash-Memory-Chips, die unter anderem in Smartphones verwendet werden, werden in Japan produziert. Dennoch scheinen die Marktteilnehmer die Situation in Tokio bisher als ein vorübergehendes Problem zu betrachten. Bislang schlägt sich der TecDAX noch ganz gut. Die Börsianer sind allerdings auf Verkaufsdruck wahrscheinlich nicht besonders gut vorbereitet.
Kerstin Kubanek, cognitrend
Verhältnis Optimisten zu Pessimisten
Bullish | Bearish | Neutral | Total | |
---|---|---|---|---|
Private | 55 % | 25 % | 20 % | 46 % |
Institutionelle | 46 % | 33 % | 21 % | 54 % |
Total | 50 % | 29 % | 21 % | 100 % |
ggü. letzter Erhebung | + 6 % | + 1 % | – 7 % |
TecDax-Stimmungskurve
Stand TecDAX 16.03.2011, 12.00 Uhr: 873 Punkte (- 3,11 % gegenüber der letzten Erhebung), Bull/Bear-Index: 65,0 Punkte