Währungen: Glaube an Euro überwiegt

30. November 2011. FRANKFURT (Börse Frankfurt). Die sich verschärfende Schuldenkrise in Europa setzt dem Euro zu – daran konnten auch die Machtwechsel in Griechenland und Italien nichts ändern: In den vergangenen Wochen ging es gegenüber Währungen wie dem US-Dollar, dem britischen Pfund und dem japanische Yen abwärts. „Das Misstrauen gegenüber der Eurozone hat zugenommen“, beschreibt Kathrin Clasen von der HSH Nordbank die Lage.

Eurozone: Es knirscht im Gebälk

Zuletzt gerieten zunehmend auch Kernländer der Währungsunion unter Druck, die Zinsen für Staatsanleihen Frankreichs, der Niederlande, Österreichs oder Finnlands kletterten nach oben, selbst Deutschland konnte seine Anleihen nicht mehr wie gewünscht platzieren. Zudem werden derzeit Forderungen nach Ausweitung der Anleiherückkäufe durch die EZB sowie nach Gemeinschaftsanleihen, den Eurobonds, immer lauter – vor allem aus dem angelsächsischen Raum, von Seiten der Banken und der Peripheriestaaten. Dem Euro würde das nach Ansicht vieler Experten aber nicht gut tun, gerade Deutschland fürchtet um den Ruf der Währung. Die Eurozone müsse „deutsch sprechen“, sich also den hiesigen Vorstellungen von Stabilitätskultur und unabhängiger Notenbank anpassen.

US-Dollar noch im Vorteil

Danach sieht es im Moment allerdings noch nicht aus. Zu allem Übel befindet sich Europa am Rande einer Rezession, während aus den USA jetzt positivere Wirtschaftsmeldungen kommen. Das macht sich bemerkbar: Für einen Euro mussten zwischenzeitlich weniger als 1,32 US-Dollar gezahlt werden, am heutigen Mittwoch sind knapp 1,33, vor einem Monat waren es noch 1,37 US-Dollar.

Nach Ansicht von Christian Apelt von der Helaba wird der Euro-Dollar-Kurs vermutlich in den nächsten Monaten noch auf mindestens 1,30 fallen. „Die Risiken liegen derzeit klar bei einem noch schwächeren Euro.“ Dennoch solle die Gemeinschaftswährung noch nicht abgeschrieben werden, das politische Interesse an einer Fortsetzung der Währungsunion sei hoch. „Der Druck auf die Politik wächst, so dass auch Erfolgsmeldungen im Rahmen der Haushaltskonsolidierung auftreten werden.“ Außerdem müsse auch in den USA irgendwann das Budgetdefizit angegangen werden. „Im Laufe des Jahres 2012 könnte sich das Umfeld für den Euro wieder aufhellen.“

Für Euro bessere Perspektiven 2012

Das sieht die HSH Nordbank ähnlich, sie rechnet mit Fortschritten bei der Lösung der Eurokrise und, damit einhergehend, einem wieder stärkeren Euro. Für Ende dieses Jahres prognostizieren die Analysten noch einen Wechselkurs von 1,35, Ende des kommenden Jahres aber 1,42 US-Dollar zum Euro. Der Gemeinschaftswährung steht eine kritische Phase bevor, warnt unterdessen die Commerzbank. „Das Abwärtsrisiko gegenüber der Fluchtwährung US-Dollar ist deutlich gestiegen.“ Sollten sich die Zeichen verdichten, dass die Vertrauenskrise im Euroraum tatsächlich auch das Segment deutscher Staatsanleihen erfasse, sei mit einem noch deutlich schwächeren Euro zu rechnen. „Die Aktivitäten von politischer Seite, um der EU-Budgetkrise Herr zu werden, bleiben in diesem Klima ein zentraler Einflussfaktor.“

Starker Yen trotz großer Probleme


Apelt

Ebenfalls auftrumpfen kann im Moment der japanische Yen, da helfen auch die zahlreichen Interventionen der Notenbank nicht viel. „Wenn ein US-Dollar deutlich unter die Marke von 77 Yen fällt, interveniert die Bank of Japan“, erklärt Apelt. Der Yen werte kurzfristig stark ab, im Anschluss tendiere die japanische Währung wieder fester, bis zum nächsten Markteingriff. „Damit notiert der US-Dollar-Yen-Kurs per saldo stabil.“ Unterdessen nähert sich der Euro-Yen-Kurs mit aktuell 103,94 nach 107,23 vor einem Monat wieder dem Tief von Anfang Oktober bei 101 Yen.

„Der Euro-Yen wird vermutlich in den nächsten Monaten seine Tiefstkurse testen“, glaubt Apelt. Ohne klare Entspannungssignale von der europäischen Schuldenfront fehle für den Euro das Erholungspotenzial. „Japan könnte es schnell so gehen wie Italien“, meint Kathrin Clasen mit Blick auf die hohe Verschuldung und die mageren Wachstumsraten in Fernost. „Die Rating-Agentur S&P warnt vor einer Herabstufung, der IWF sieht auch in Japan Anzeichen einer aufziehenden Schuldenkrise.“ Zwar prognostiziert die Analystin aufgrund der Rezession in der Eurozone für Ende Dezember einen Wechselkurs von 101 Yen zum Euro, Ende 2012 müssten wahrscheinlich aber wieder 116 Yen gezahlt werden.

Pfund profitiert – aber nur kurzfristig

Ist das britische Pfund zu teuer oder zu billig? Darüber gehen die Ansichten auseinander. „Den einen Beobachter überrascht, dass das Pfund von den kontinentalen Schwierigkeiten nicht viel stärker profitieren kann, den anderen, dass die britische Währung nicht merklich abwertet“, erläutert Apelt. Seiner Einschätzung nach hat das Pfund kaum Aufwertungspotenzial gegenüber dem Euro. Der Grund: die bescheidenen Wachstumsaussichten und die sehr expansive Geldpolitik Großbritanniens. „Für den Euro gilt jedoch ähnliches, so dass sich der Euro-Pfund-Kurs in den nächsten Monaten – von Untergangsszenarien für die Währungsunion abgesehen – per saldo kaum bewegen wird.“

Die HSH Nordbank verweist ebenfalls auf die massiven Anleiherückkäufe der britischen Notenbank und die dürftigen Wirtschaftsdaten. „Die Nachrichten sind schlecht genug, das Pfund profitiert nur von der Eurokrise“, kommentiert Clasen. Gerechnet wird per Jahresende mit einem Kurs von 0,85 und damit einer Seitwärtsbewegung, per Ende 2012 aber mit 0,88 Pfund zum Euro.

Franken als Fluchtwährung Geschichte

Allen Unkenrufen zum Trotz: Die Schweizer Nationalbank (SNB) hat offenbar keine Probleme, die Untergrenze von 1,20 für den Euro-Franken-Kurs zu verteidigen. „Die Diskussion hat sich geändert: Jetzt geht es eher darum, ob die SNB ihren Mindestkurs weiter anhebt“, meint Apelt. So sehe SNB-Chef Hildebrand den Franken nach wie vor als zu hoch bewertet an. Auch die Schweizer Wirtschaft beklage den Euro-Franken-Kurs von 1,20, schließlich liege nach Kaufkraftparitäten der „faire“ Kurs um 1,40.

Apelt geht aber davon aus, dass die SNB ihre Zielmarke belassen und der Euro-Franken-Kurs im Bereich von 1,20 bis 1,25 notieren wird. „Der Franken wird im nächsten Jahr abwerten“, meint Clasen. Zwar sprächen auch die volkswirtschaftlichen Daten wie die gute Entwicklung der Binnennachfrage für die Währung. Doch werde die Beliebtheit des Franken durch die Beruhigung in der Eurozone zurückgehen.

© 30. November 2011/Anna-Maria Borse