ETFs: Das Pulver trocken halten

2. August 2011. FRANKFURT (Börse Frankfurt). Der im US-Finanzstreit erzielte Kompromiss überzeugt die Anleger offenbar nicht. Vielmehr sorgen sie sich nun, dass die beschlossenen Sparmaßnahmen die ohnehin labile US-Wirtschafts weiter schwächen könnten. Außerdem sei der Verlust der AAA-Benotung nicht vom Tisch. Zu allem Übel ist der ISM-Einkaufsmanagerindex, ein wichtiger US-Frühindikator, im Juli unerwartet stark gefallen und notiert nur noch knapp über der Linie, die Wachstum signalisiert. Der DAX gab daher am Montag um fast 3 Prozent nach und sackte auf den tiefsten Stand seit März, auch heute setzt sich die Talfahrt fort – allerdings weniger rasant.

Daran können gute Unternehmenszahlen, etwa von BMW, Fresenius und der Deutschen Post, nichts ändern. Die Nervosität schlägt sich auch im ETF-Handel nieder: „Der Markt hat sich gestern extrem gedreht“, berichtet Sidi Kleefeld von der Deutschen Bank. In der vergangenen Woche hätten Anleger noch eine Schuldenausweitung erwartet und quer Beet alles gekauft, gestern habe es hingegen ganz anders ausgesehen. „Alles wurde verkauft, lediglich bei Short-ETFs gab es Zuflüsse“, meldet der Händler (WKN DBX1DS). Die Märkte seien extrem verunsichert. „Jeder ist einigermaßen froh, wenn das Portfolio unter Kontrolle bleibt.“ Die Umsätze sowohl der vorigen als auch dieser Woche bezeichnet der Händler als „sehr gut“.

Deutschland als Krisengewinner?


Mohr

Im Zweifel für den DAX, so lautet weiterhin das Motto der den ETF-Anleger. „Ein Drittel der Umsätze erfolgte in DAX-Produkten, dabei handelte es sich insgesamt fast nur um Käufe“, erklärt Frank Mohr von der Commerzbank. Zugegriffen hätten Investoren vor allem beim iShares DAX (WKN 593393), der sehr große Zuflüsse verzeichnet habe, aber auch bei den Produkten anderer Emittenten (WKN ETF001, LYX0AC). „Offenbar wird davon ausgegangen, dass Deutschland die Krise noch am besten überstehen wird.“ Auch in den Umsatzstatistiken der Börse Frankfurt für die zurückliegenden fünf Handelstage führt der iShares-DAX-ETF mit außergewöhnlich hohen Umsätzen an. Bei den Euro Stoxx-Trackern hat Mohr zufolge hingegen Skepsis überwogen, diese seien überwiegend abgegeben worden. Seit gestern bestimmten allerdings insgesamt die Gewinnmitnahmen. „Panik gibt es zwar keine, aber es versucht wohl der eine oder andere, das Pulver trocken zu halten.“

Verkaufswelle, aber keine Panik

Auch Deutsche Bank und DekaBank melden für die vergangene Woche durchweg Zukäufe, und zwar über alle wichtigen Indizes wie DAX, Euro Stoxx 50, S&P 500, MSCI World, MSCI Europe und Stoxx 600 hinweg (WKN DBX1DA, DBX1EU, DBX0F2, DBX1MW, ETFL06, ETFL02). Auch Indexfonds mit europäischen Small Caps (WKN DBX1AU) und Dividendenstrategiefonds (WKN DBX1D3) seien betroffen gewesen. All das werde seit gestern wieder abgestoßen.

Banken weiter abgestraft


Schönbrodt

Bei den Sektor-Fonds zeigten sich zuletzt ETFs mit europäischen Banken (WKNs 628930, DBX1SF) besonders umsatzstark, wie die Market Maker berichten. Auf der Umsatzliste der Börse Frankfurt rangiert der entsprechende ETF von iShares auf Platz acht – ungewöhnlich hoch für einen Sektoren-Indexfonds. „In der vergangenen Woche gab es noch einen leichten Verkäuferüberhang, seit gestern Nachmittag wird aber massiv verkauft“, erklärt Mark Schönbrodt von der DekaBank. Viel Freude haben Anleger an dem ETF in diesem Jahr nicht gehabt: Nach einer kurzen Erholung Mitte Juli gab der Kurs abermals deutlich nach, auf Sicht von sechs Monaten liegt er mittlerweile 27 Prozent im Minus und nähert sich einem Zwei-Jahres-Tief.

Zuspruch haben laut Schönbrodt hingegen ETFs mit Aktien aus der Gesundheits- (WKN DBX1SH) und der Telekommunikationsbranche (WKN DBX1ST) gefunden. Die Commerzbank meldet für die vergangene Woche noch einen Käuferüberhang bei Banken-ETFs (WKN ETF062), außerdem seien Immobilien- (WKN ETF074) und Automobil-Indexfonds (WKN ETF061) gut weggegangen. Von Produkten mit Versorgerwerten (WKN ETF079) hätten sich die Anleger aber eher getrennt. „Das ist angesichts der negativen Schlagzeilen über die Versorgerbranche kaum verwunderlich“, kommentiert Frank Mohr und verweist auf die jüngsten Meldungen zu möglichen Stellenstreichungen. Der Energieversorger EnBW hatte gestern bekannt gegeben, einen Stellenabbau zu erwägen. Der Versorger-ETF von Comstage hat auf Sicht von drei Monaten jedenfalls mittlerweile fast 10 Prozent an Wert verloren.

Funkstille bei Renten-ETFs

Die in den vergangenen Monaten zum Teil sehr beliebten Renten-ETFs sind derzeit kein großes Thema. Schönbrodt sieht Umschichtungen von ETFs mit deutschen Kurzläufern (WKN ETFL18) in solche mit Langläufern (WKN ETFL20). Daneben hätten auch Geldmarkt-Indexfonds auf den Verkaufslisten gestanden (WKN ETFL22). Laut Commerzbank war bei den Renten wenig los, auch die Deutsche Bank hat keine großen Umsätze gesehen.

© 2. August 2011/Anna-Maria Borse